Soziale Netzwerke ein rechtsfreier Raum? Nicht ganz.

Über die gesetzlichen Grundlagen für soziale Netzwerke

Soziale Netzwerke unterliegen zahlreicher gesetzlicher Verpflichtungen. Im Zentrum der Inhalte, die durch Plattformen moderiert oder entfernt werden müssen, steht das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (kurz: NetzDG), das eine Reihe Paragraphen des Strafgesetzbuches (StGB) listet. Während die Diskussion um Hass und Hetze regelmäßig Novellierungen zur Folge hat, fehlt für Tierleid-Inhalte weiterhin die gesetzliche Grundlage. Ein Überblick:

Das Zusammenspiel von Strafgesetzbuch (StGB) und Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und die Folgen für die Gemeinschaftsstandards der sozialen Netzwerke

Das Strafgesetzbuch (StGB)

1872 erstmals in Kraft getreten, wurde das StGB im Zuge der Zeit stetig überarbeitet, auch im Hinblick auf neue Kriminalitätsphänomene im Internet.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)

Es beruht auf einer Auswahl von Tatbeständen des deutschen Strafgesetzbuches (StGB), insbesondere zu den Themen Gewaltdarstellung, Hasskriminalität und Beleidigungen wie u.a. den genannten § 131 (Gewaltdarstellung) sowie § 86 (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), § 91 (Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat), § 111 (Öffentliche Aufforderung zu Straftaten), § 129 (Bildung krimineller Vereinigungen), § 130 (Volksverhetzung), § 185 (Beleidigung) oder § 241 (Bedrohung). Die gesamte Auflistung finden Sie auf: https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/NetzDG/Fragen/5.html.

Durch die Listung der ausgewählten Paragraphen des StGB im NetzDG sind die Darstellung und Verbreitung dieser Inhalte verboten und soziale Netzwerke zur Einhaltung verpflichtet.

Mit dem NetzDG wurde aber auch den Nutzer*innen mehr Handlungsspielraum verschafft, indem sie proaktiv Einfluss nehmen und dafür eine eigene Meldefunktion nutzen können, um die zu sperrenden Inhalte zur Prüfung an die Moderator*innen-Teams zu senden, die diese Inhalte sowie die Ersteller*innen löschen und sperren können. Die Netzwerke müssen nach spätestens 48 Stunden auf eine Nutzer*innen-Meldung reagieren, beispielsweise auch, in dem sie eigene Technologien (wie künstliche Intelligenz) einsetzen, die die Arbeit der Moderator*innen-Teams unterstützen. Dies sind jene Teams, die die Einhaltung der Gemeinschaftsstandards des jeweiligen Netzwerkes überprüfen und individuell nach Sachstand über eine endgültige Löschung des Inhalts und Sperrung der oder des Ersteller*s entscheiden können. Denn die unter das NetzDG fallenden strafbaren Inhalte müssen binnen 24 Stunden gelöscht oder für deutsche Nutzer*innen gesperrt werden.

Zudem sind die Plattformen durch das NetzDG verpflichtet, im Sechs-Monate-Takt einen Bericht über ihren Umgang mit den eingegangenen Nutzer*innen-Meldungen zu veröffentlichen. Bisher forderten die Strafverfolgungsbehörden im Verdachtsfall auf dieser Basis notwendige persönliche Daten des Erstellenden (z.B. die IP-Adresse, den Echt-Namen oder Wohnsitz) von den Netzwerken an, um strafrechtliche Schritte einleiten zu können. Ab dem 01.01.2022 braucht es diese gesonderte Aufforderung durch Strafverfolgungsbehörden nicht mehr und die Netzwerke sind angehalten, Inhalte und Daten selbst zu melden. Für Inhalte von Täter*innen deutscher Staatsbürgerschaft ist als Meldestelle das Bundeskriminalamt zuständig, wo dafür der Aufgabenbereich der „Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet“ (kurz ZMI) ausgebaut werden soll. Dort werden die Hinweise der Netzwerke dann geprüft und illegale Inhalte an die zuständigen Staatsanwaltschaften weitergeleitet.

In den Gemeinschaftsstandards (auch Policies genannt)...

schreiben die Netzwerke entsprechende gesetzliche und eigens aufgesetzte Regeln für Nutzer*innen nieder. Es sind somit die netzwerkeigenen Richtlinien, zu deren Einhaltung sich Nutzer*innen mit ihrer Anmeldung im Netzwerk verpflichten müssen.

Tierleid-Inhalte? Bisher kaum Thema!

Da Tierleid-Inhalte aber nicht im Strafgesetzbuch (StGB) und somit auch nicht im Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) enthalten sind, gibt es für die Betreiber der Netzwerke keine Verpflichtung, diesen Einhalt zu gebieten. Zwar haben einige Netzwerke bereits in Eigenverantwortung Regeln in Bezug auf Tierleid-Inhalte formuliert und verbieten bestimmte Formen roher Gewalt gegenüber Tieren. Andere erwähnen das Thema hingegen bisher gar nicht, wie unsere Analyse zeigt: https://welttierschutz.org/stoppt-tierleid/gemeinschaftsstandards/. Ein weiteres Problem ist, dass grundsätzlich bei keinem der Netzwerke eine Differenzierung stattfindet zwischen der Darstellung von Tierleid, welches eine Verherrlichung oder Verharmlosung darstellt, und rein informativen und dokumentarischen Darstellungen, wie sie von Organisationen und Medien zur Aufklärung über Missstände häufig genutzt werden.

Das Resultat dieser unzureichenden Berücksichtigung des Themas ist eine hohe Anzahl von Tierleid-Inhalten, auf die von Seiten der Moderator*innen-Teams nur bei besonderer Schwere oder überhaupt nicht reagiert wird. Durch diese uneingeschränkte Darstellung in den sozialen Netzwerken können sich die Inhalte unter Millionen Nutzer*innen verbreiten.

Dringend muss diese Lücke geschlossen werden und der Darstellung im digitalen Raum Einhalt geboten werden, liebe Tierfreundinnen und Tierfreunde. Unterzeichnen Sie unsere Petition, mit der wir die gesetzliche Grundlage schaffen wollen:

Jetzt unterschreiben!

Fordern Sie mit uns, dass der § 131, Absatz 1 des Strafgesetzbuches (StGB) um die Tiere ergänzt wird und helfen Sie so, dem Tierleid in sozialen Netzwerken Einhalt zu bieten – mit Ihrer Unterschrift!

Jetzt unterschreiben!

Und wenn es Ihnen möglich ist, unterstützen Sie unsere Kampagnen- und Projektarbeit bitte mit einer Spende. Diese ermöglichen es uns, den Tieren weltweit lebensrettende Hilfe leisten zu können. 

Stoppen Sie das Tierleid!

Helfen Sie uns, mit der Kampagne „Stoppt Tierleid in den sozialen Netzwerken“ nachhaltige Veränderungen zu schaffen – unterstützen Sie uns mit einer Spende!

Jetzt spenden

#StopptTierleid: Melden Sie Inhalte!

Sie können uns etwaige Tierleid-Beiträge oder Ihre Fragen an stoppttierleid@welttierschutz.org senden. Teilen Sie uns beim Melden von Inhalten bitte (gern mit Screenshots belegt) auch mit, ob Sie den Inhalt bereits an die Netzwerke gemeldet haben und ob es eine Reaktion gab.

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