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Qualzucht im Fokus: Teacup-Hunde

Winzige Hunde in Kleidchen oder mit Schleife auf dem Kopf  so klein, dass sie als ausgewachsene Tiere in eine Teetasse (engl. Teacup) passen. Die sogenannten Teacup-Hunde sind insbesondere in den sozialen Medien bekannt und werden dort regelrecht inszeniert. Doch so klein der Hund, so groß die Schattenseite: Mini-Züchtungen dieser Art sind oft eine Qual für die Tiere und können gravierende gesundheitliche Probleme mit sich bringen.


Teacup-Hund – eine Erfindung des Menschen

Hinter der Bezeichnung Teacup-Hund verbirgt sich eine reine Marketing-Erfindung. Diese Art von Hund ist nämlich keine offizielle Hunderasse, sondern die Folge bewusster Kleinzüchtungen bekannter Zwerghunderassen. Dazu gehören beispielsweise der Chihuahua, Zwergpinscher, Yorkshire Terrier oder Toy-Pudel. Für die Teacup-Züchtungen werden die kleinsten und schwächsten Tiere eines Wurfes dieser Rassen ausgewählt und gezielt miteinander verpaart. Die aus dieser Paarung resultierenden Nachkommen sind in Folge besonders klein und wiegen weniger als ihre „Original“-Vorfahren. Natürlicherweise können besonders winzige Exemplare bei allen kleinen Hunderassen vorkommen, jedoch sollten eben diese Tiere von seriösen Züchter*innen nicht zur Weiterzucht eingesetzt werden, da das Risiko genetisch-bedingter Einschränkungen und Krankheiten erhöht ist.

Qualzucht im Fokus: Teacup-Hunde

Qualzucht im Fokus: Teacup-Hunde

© deb@deb-gray.com Gray /flickr

Seriöse Zucht von Teacup-Hunden? Fehlanzeige!

Offizielle Zahlen, wie viele Teacup-Hunde es in Deutschland gibt, sind nicht zu ermitteln, da es sich nicht um eine anerkannte Hunderasse handelt und diese somit in keinem Zuchtverzeichnis geführt werden. Tatsächlich ist die Zucht von „Teacup-Hunden“ laut der »Zuchtordnung des Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH) mit Stand 2018 sogar verboten. Dafür gibt es mehrere Gründe: So muss laut Zuchtordnung das Mindestgewicht von Hunden, die zur Zucht verwendet werden, mindestens ein Kilogramm betragen. Teacup-Hunde wiegen oftmals aber weit weniger.

Des Weiteren hat jede Rasse einen jeweiligen Zucht- bzw. Rassestandard, der neben Mindestgröße und/oder Mindestgewicht des Hundes auch angibt, welche weiteren Kriterien für die Zucht erfüllt sein müssen – auch bei den sogenannten Zwerghunderassen. So dürfen laut Zuchtordnung des VDH beispielsweise Chihuahuas keinen entstellten Biss haben, bei Toy-Pudeln darf das Tier neben einer vorgeschriebenen Mindestgröße von 24 Zentimetern keine Verzwergungsmerkmale wie beispielsweise große, runde Glotzaugen (Exophthalmus) aufweisen.

Für jede einzelne Zwerghunderasse sind im Rassestandard individuelle Vorschriften geltend – und jeder Teacup-Hund verstößt dagegen. So lässt sich definitiv feststellen: Seriöse und verifizierte Züchter*innen von Teacup-Hunden kann es nicht geben!

Kleiner Hund, großes Leid: Teacup-Hunde sind Qualzuchten

Die Zucht mit den kleinsten und schwächsten Tieren eines Wurfes bringt eine ganze Reihe Probleme mit sich: Schon bei der Geburt kann es für das Muttertier zu Schwierigkeiten kommen, denn wie beispielsweise häufig auch beim Mops, sind die Köpfe der ungeborenen Welpen zu dick, sodass sie nicht durch den Geburtskanal passen und ein Kaiserschnitt notwendig wird.

Auf die komplizierte Geburt folgt ein zumeist schmerz- und leidvolles Leben: Gerade die als niedlich empfundenen Merkmale der Kleinstzüchtungen – ein überproportional großer Kopf mit großen, hervorstehenden Augen zum Beispiel – können für die Tiere gravierende gesundheitliche Probleme mit sich bringen, die das ganzes Hundeleben über andauern oder aber zu einem gesundheitlich bedingten, frühzeitigen Tod führen können. Denn:

Nicht alle Organe so wie z.B. das Gehirn lassen sich ohne weiteres „kleinzüchten“. In der Folge leiden viele Teacup-Hunde an einem sogenannten Wasserkopf, bei dem die Flüssigkeitsräume des Gehirns krankhaft erweitert sind und auf den Schädelknochen drücken – oft nicht behandelbar, führt diese genetisch-bedingte Erkrankung zum frühzeitigen Tod. Aufgrund des für den Kopf zu großen Gehirns kann es auch vorkommen, dass die sogenannte Fontanelle (eine natürliche Knochenlücke am Schädel, welche normalerweise eigenständig nach der Geburt zuwächst) sich bei diesen Hunden nicht ganz schließt. Infolge ist das Gehirn an dieser Stelle nur durch Haut und Fell geschützt und schon ein kleiner Schlag auf den Kopf kann den Hund das Leben kosten.

Das dem „Kindchenschema“ entsprechende Gesicht mit seiner hohen Stirn und den übermäßig großen Kulleraugen, bringt weitere gesundheitliche Probleme mit sich: So sind die großen Augen in dem kleinen Gesicht ungenügend geschützt, was zu Hornhautverletzungen und Augeninfektionen führen kann. Dies ist auch bei anderen Rassen, die mit stark hervorquellenden Augen gezüchtet werden, wie beispielsweise dem Mops (wir berichten ausführlich »hier) der Fall.

Qualzucht im Fokus: Teacup-Hunde
Qualzucht im Fokus: Teacup-Hunde

Eine weitere häufige Erkrankung bei Teacup-Hunden ist der Trachealkollaps, bei dem durch das Zusammenfallen der Luftröhre die Luftzufuhr unterbrochen ist. Die Folgen reichen von schweren Atemproblemen bis hin zu akuter Atemnot. Ebenfalls sind Gebiss- und Kieferprobleme nicht selten, da die Zähne in der sehr kleinen Maulhöhle zu eng aneinander stehen. Beispielsweise müssen Milchzähne der Welpen oft manuell unter Vollnarkose entfernt werden.

Die Liste der Erkrankungen und Leiden der Teacup-Hunde lässt sich noch weiter fortführen:

So kann es im Bereich Leber zu einer angeborenen Fehlbildung und Störungen der Leberdurchblutung kommen. Anstatt durch die Leber zu fließen, wird das Blut bei dem sogenannten Lebershunt um die Leber herum transportiert, was zur Folge hat, dass dieses nicht entgiftet wird. Eine kostspielige Operation sowie teures Spezialfutter für den Rest des Lebens stellen die einzigen Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankung dar. Herz- und Kreislaufschwächen sowie eine gestörte Blutzuckerregulierung mit Symptomen die von Zittern über Schwächeanfälle bis hin zum Tod führen können, sind weitere Probleme vieler Teacup-Hunde.

Zudem haben verzwergte Hunde naturgemäß oft fragilere Knochen sowie Gelenk- und Bandscheibenbeschwerden. Ein einfacher Sprung vom Sofa, das Herumtollen mit Artgenossen oder die Bewältigung von Hürden und Treppen kann schnell ein gebrochenes Bein oder eine herausgesprungene Kniescheibe zur Folge haben. Viele extrem kleine Hunde sind so schwer krank, dass sie keinen normalen Spaziergang bewältigen können und trotz umfangreicher tiermedizinischer Betreuung keinen Tag ihres Lebens schmerzfrei verbringen.

Immer wieder hört man, dass kleine Hunde mehr „Charakter“ hätten als ihre größeren Artgenossen, weshalb viele Tierhalter*innen bestimmte Rassen bevorzugen. Tatsächlich aber ist es so, dass häufig die Hundehalter*innen selbst für bestimmte Verhaltensstrukturen wie Bellen oder Knurren oder eine aggressives Verhalten verantwortlich sind. Wie kommt es dazu?

Auch der noch so kleinste Hund möchten laufen, schnuppern und die Welt erkunden und das Gehirn von Teacup-Hunde ist natürlich ebenso trainierbar wie das anderer Rassen. Doch viele Hundehalter*innen behandeln ihre kleinen Vierbeiner nicht diesen Bedürfnissen entsprechend. Vielmehr werden die Tiere, zu ihrem großen Leid, viel zu oft mehr als modisches Accessoire denn als Hunde behandelt und in Tasche oder unter dem Arm herumgetragen – dafür sprechen auch die zahllosen Inhalte auf eigenen Teacup-Hunde-Profilen in sozialen Netzwerken. Eine natürliche Interaktion zwischen den Tieren und ihren Artgenossen wird von vielen Halter*innen hiermit aktiv verhindert und so können viele ihrem Bedürfnis zum Austoben und Erforschen niemals nachgehen.

Die Reaktion vieler Teacup-Hunde ist nachvollziehbar, denn wie wir Menschen können auch Hunde von bestimmten Situationen überfordert sein und zeigen entsprechendes Verhalten. Ausweich- und Drohgebärden der Tiere werden oftmals aber nicht nur nicht wahrgenommen, sondern vielmehr im Sinne des „Kindchenschema“-Gesichtes komplett fehlinterpretiert: Bei Überforderung oder Stress wirken die Augen der Tiere noch größer und die angelegten Ohren lassen die Mimik des Tieres vermeintlich noch niedlicher erscheinen. Stattdessen aber versucht der Hund mit all den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln seiner »Mimik und Gestik (hier sind Informationen zur Körpersprache von Hunden im Detail nachzulesen) zu zeigen, dass er sich unwohl fühlt und keinen Kontakt möchte.

Aufgrund ihrer Größe werden ihre Verhaltensmuster wie z.B. Aggressivität viel eher toleriert oder sogar durch die oder den Halter*in zusätzlich verstärkt. Mit gravierenden Folgen: Studien zeigen auf, dass »Beißvorfälle häufiger bei kleinen als großen Hunden vorkommen.


Qualzucht im Fokus: Teacup-Hunde
Qualzucht im Fokus: Teacup-Hunde

Warum die unkritische Darstellung von Qualzuchten wie Teacup-Hunden problematisch ist

Ob bei Instagram, Facebook oder Twitter: Millionenfach werden Videos und Bilder von Teacup-Hunden geliked, kommentiert und begeistert geteilt – das ist fatal, weil das immense Leid in Folge der bewussten Zucht mit Defektmerkmalen verharmlost wird. Statt mit Jubel und Berühmtheit in den sozialen Netzwerken sollte die Thematik konsequent kritisch dargestellt werden.

#StopptTierleid: Keine Likes für Tierleid

Wir appellieren im Rahmen unserer Kampagne „Stoppt Tierleid in den sozialen Netzwerken“ an alle Halter*innen von Tieren, die eine Qualzucht sind oder einer Rasse mit Defektmerkmalen angehören, sich mit der Thematik in ihren Beiträgen kritisch auseinanderzusetzen. Dazu zählt, dass alle Inhalte mit den entsprechenden Tieren einen kritischen Hinweis enthalten sollten, der über die (potentiellen) Krankheiten, Qualen, Schmerzen oder Leiden des Tieres und die Problematik der Zucht von Rassen mit Defektmerkmalen informiert. Nur so kann ein Beitrag geleistet werden, damit Qualzucht zukünftig verhindert wird.

Nutzerinnen und Nutzer der Netzwerke, die Inhalte mit potentiellen Qualzuchten oder Tieren einer Rasse mit Defektmerkmalen sehen, sollten diese Beiträge nicht liken oder kommentieren.

Jede öffentliche Reaktion verschafft dem Inhalt weitere Reichweite. Melden Sie stattdessen den Beitrag konsequent den Moderator*innen-Teams.

Bei Unsicherheit, ob es sich beim dargestellten Tier um eine Qualzucht handelt, sollte unserer Ansicht nach im Zweifel für das Tier entschieden werden: Zeigt das Tier sichtbare Defektmerkmale wie im Folgenden erläutert oder zählt es zu einer Rasse mit Defektmerkmalen und könnte potentiell (auch nicht sichtbar) die genetische Veranlagung für Defektmerkmale tragen, ist die einzig richtige Reaktion dieselbe: #KeineLikesFürTierleid – und konsequent melden.

#StopptTierleid

Jetzt Petition unterschreiben!

Stärken Sie unsere Forderungen an die sozialen Netzwerke und die Bundesregierung: Für ein Stopp von Tierleid-Inhalten!

Die WTG fordert: Das Wohl der Tiere in den Mittelpunkt

Unsere Forderungen richten sich an:

… die Gesetzgebung:

Solange es an einer rechtlich bindenden Konkretisierung von Qualzucht fehlt, wird sich an den oft tierquälerischen Zuständen nichts ändern. Eine Neuregelung, die im Zweifel für das Tier entscheidet, muss helfen, dass durch Qualzucht bewusst erzeugtes Leid verhindert wird. Die Gesetzgebung ist entsprechend angehalten, die Wissenschaft dabei zu fördern, eine Defektmerkmal-orientierte Definition von Qualzucht zu erarbeiten, aus der dann Zuchtverbote oder Anpassungen der Zuchtstandards im Sinne des Tierwohls resultieren.

In Bezug auf bestimmte Rassen mit Defektmerkmalen müssen wir schon jetzt davon ausgehen, dass die Einzeltiere Qualzuchten sein können. Insbesondere Tiere, bei denen entsprechende Defekte sichtbar ausgeprägt sind oder genetisch nachgewiesen werden können, sollten deshalb unmittelbar und konsequent von der Zucht, Werbung und unkritischen Darstellung etwa in sozialen Netzwerken ausgeschlossen werden.

… die Zuchtverbände und Züchter*innen:

Züchter*innen sollten die gezielte Entstehung und Vermehrung von Qualzuchten verhindern. Dies betrifft auch die derzeit gerne propagierten Rückzuchten oder gezielte Mischzuchten einiger Rassen, da auch hier nicht sichergestellt werden kann, dass die Zwischengenerationen frei von Leiden sein werden. (Siehe auch: Gutachten zur Frage, ob Verstöße gegen das Qualzuchtverbot nach § 11b Abs. 1 TierSchG tatbestandlich ausgeschlossen oder gerechtfertigt sein können, wenn bezweckt ist, als Endresultat – d. h. nach mehreren Zuchtgenerationen – schmerz-, leidens- und schadensfrei lebensfähige Nachkommen zu erzielen: https://qualzucht-datenbank.eu/wp-content/uploads/2021/10/Ergaenzungsgutachten-Cirsovius-30.09.2021.pdf). Grundsätzlich gilt es, nur mit gesunden Tieren und keinen Individuen einer Rasse mit Defektmerkmalen zu züchten, deren Zuchtstandards Leiden und Schmerzen zur Folge haben können.

… (potentielle) Tierhalter*innen und Verbraucher*innen:

Wir wünschen uns: Rücken Sie das Wohl des Tieres in den Mittelpunkt Ihrer Entscheidung bei der Wahl für eine bestimmte Rasse oder ein bestimmtes Tier. Die Tierzucht ist stark von der Kund*innennachfrage beeinflusst und kann daher auch dadurch geleitet werden, dass fortan gezielt Gesundheit über Aussehen und/oder Leistung gestellt wird!

Im Hinblick auf Qualzucht von Nutztieren sollte es des Weiteren allen Verbraucher*innen bewusst sein, dass durch das eigene Kaufverhalten unter Umständen Tierleid billigend in Kauf genommen und die Qualzucht in der Nutztierhaltung gar unterstützt wird. Verbraucher*innen sollten daher unbedingt auch eigenständig recherchieren und sich informieren.

… von sozialen Netzwerken und seinen Nutzer*innen:

Zahlreiche Werbetreibende und relevante Nutzer*innen-Profile in sozialen Netzwerken setzen Qualzuchten als Werbegesichter auf Plakaten oder Anzeigen ein. Besonders häufig werden die vermeintlich niedlichen Tiere auch von Tierhalter*innen dargestellt, um Reichweite zu gewinnen –  dabei beliebt sind brachyzephale oder zwergwüchsige Tiere, die etwa durch die großen „Kulleraugen“ oder die platten Nasen das Kindchenschema verkörpern. Durch diese unkritische Darstellung von Qualzuchten wird unserer Ansicht nach das mit der Qualzucht verbundene Tierleid verharmlost und der gefährliche Trend maßgeblich befördert. Wir fordern deshalb auch die sozialen Netzwerke auf, konsequenter gegen die unkritische Darstellung von Tierleid wie (potentiellen) Qualzuchten vorzugehen. Unsere Forderung an die Betreiber*innen der Netzwerke können Sie hier mit Ihrer Petitions-Unterschrift stärken: https://welttierschutz.org/tierleid-stoppen/.

Konkrete Forderungen an Halter*innen von Tieren, die (potentielle) Qualzuchten sind, lesen Sie auch hier: https://welttierschutz.org/unkritische-darstellung-von-qualzucht/.

Und auch von Seiten der Nutzer*innen sozialer Netzwerke muss der Umgang mit und die Reaktion auf Qualzuchten überdacht werden. Inhalte, die (potentielle) Qualzucht unkritisch darstellen, sollten ignoriert und konsequent den Moderator*innen-Teams gemeldet werden. Wie Sie dabei in sozialen Netzwerken vorgehen sollten, zeigt unser Leitfaden.


++ Der Welttierschutzgesellschaft e.V. weist darauf hin, dass dieser Artikel mit größter Sorgfalt recherchiert und erstellt wurde. Die Inhalte und Links werden allerdings nicht stetig aktualisiert und beziehen sich grundsätzlich immer auf den Stand der Recherche zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenn Sie Anregungen oder Bemerkungen zum Artikel haben, nehmen Sie bitte mit uns Kontakt via info@welttierschutz.org Kontakt auf. ++