#Kein Haustier: Affen als Haustier halten? Bitte nicht!
Wildtiere als Haustiere zu halten, wird auch in Europa immer beliebter. Viele verschiedene Affenarten, wie Kapuzineräffchen, Weißbüschelaffen und Totenkopfäffchen, landen mehr und mehr in menschlicher Obhut.
Ein Auszug aus Angeboten zum Kauf und Verkauf von Affen, die 2023 auf einer einschlägigen Plattform für den Handel mit so genannten „Exoten“ zu finden waren, verdeutlichen, dass die Angebote offen im Internet zu finden sind:
- „Ich suche Callimico goeldii (Springtamarin). Bitte nur Tiere mit Papieren anbieten.“
- „ Gebe 3 Lemur catta (Kattas) ab. Gesamte Gruppe für 6.000,- Euro“
- „Aus privaten Gründen muss ich mich von meinen Weißbüscheläffchen trennen. Es sind 3 Mädels.“
- „Ich suche einen Weißgesichtsseidenaffen (Callithrix geoffroyi ) und einen Zwergseidenaffen (Cebuella pygmaea ). Mit Papieren!“
Sämtliche dieser Inserate für den An- und Verkauf verschiedener Affenarten stammen aus Deutschland. Ein erschreckender Beleg, dass der Handel mit Affen auch hierzulande beträchtlich ist. Wir sind der Überzeugung, dass für die wachsende Nachfrage auch Fotos und Videos von Affen in Haustierhaltung – verkleidet und wie Kleinkinder behandelt – in den sozialen Netzwerken eine Relevanz haben.
In diesem Tierschutzblog erläutern wir, warum Affen keine Haustiere sind und diese leidvolle Haltung und die Darstellung dessen unbedingt verhindert werden muss.
Darf ich Affen überhaupt halten?
Affen dürfen in Deutschland als Haustiere gehalten werden, wenn bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind. Diese werden vor allem durch die Bundesartenschutz-Verordnung (BArtSchV §7 Haltung von Wirbeltieren) und das Tierschutzgesetz (TierSchG § 11) geregelt. Beim Kauf (bzw. Verkauf) der Tiere kommt zudem das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) zur Geltung – denn gefährdete Affenarten, die im CITES-Anhang 1 und 2 gelistet sind, dürfen nur gekauft und verkauft werden, wenn sie aus Nachzuchten stammen. Um das belegen zu können, ist ein Herkunftsnachweis notwendig. Hinzu kommen bei allen Affenarten die Haltungsbedingungen, die im Säugetiergutachten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ausformuliert sind und zur Beurteilung der Haltungsqualität herangezogen werden. Zudem variieren Anpassungen und Kontrollen dieser Rahmenbedingungen von Bundesland zu Bundesland. Darüber hinaus müssen die Halter*innen eine Genehmigung und ausreichend Platz für Gehege aufweisen (in den meisten Fällen Innen- und Außengehege, bei einigen Affenarten entfällt jedoch das Außengehege, wenn die Haltung in einem Nachttierhaus erfolgen soll, d.h. wenn die Tiere nachaktiv sind und das Innengehege einen verschobenen Tag-/Nachtzyklus aufweisen muss) und jeder Affe muss behördlich registriert sein.
Aus Tierschutzsicht stellen diese Rahmenbedingungen jedoch nur den absoluten Mindeststandard dar und sind keine Garantie dafür, dass das Wohlergehen der Tiere gewährleistet ist – selbst wenn aus rechtlicher Sicht alles in Ordnung erscheint. Etwa werden zu den Sozialgefügen der Tiere kaum Angaben gemacht, obwohl viele Affenarten in Gruppen, Paaren oder Verbänden leben und eine Haltung ohne Kontakt zu anderen Artgenossen zu einer Vereinsamung der Tiere führen kann.
Wie leben Affen?
… in der Wildnis?
Es lassen sich kaum allgemein gültige Aussagen über die Biologie von Affen treffen, da die Bezeichnung sehr viele unterschiedliche Arten zusammenfasst, die verschiedene Verhaltensweisen und Bedürfnisse aufweisen. Schätzungen gehen von 200 bis zu 500 Affenarten aus. Die Größe der Tiere variiert von kleinen (12 cm großen und 100 g schweren) bis großen Affen mit 175 cm und einem Gewicht von 200 kg. Viele Unterschiede zeigen sich auch in der Ernährung (von Herbi- über Omni- bis hin zu Karnivoren), dem Sozialverhalten (von Matriarchaten über Haremsgruppen bis zu Einzelgängern) und dem Lebensraum, sodass damit die volle Brandbreite von Verhalten und Bedürfnissen gegeben ist – in ihrer Vielfalt in etwa vergleichbar mit der gesamten Gruppe der Säugetiere.
Einige Gemeinsamkeiten innerhalb dieses großen Spektrums gibt es aber dennoch:
- So sind wilde Affen hauptsächlich in den Tropen und Subtropen heimisch und leben oft in Gruppen (kleine Familienverbände z.B. bei Makaken und Gorillas, Horden aus mehreren Familiengruppen z.B. bei Pavianen).
- Häufig bewegen sich Affen als gute Kletterer in den Geästen von Bäumen, wobei es auch hier Ausnahmen gibt.
- Im Regelfall bringen Affen nur ein Jungtier pro Wurf zur Welt, das bei manchen Arten über ein Jahr lang gesäugt und getragen wird, wodurch eine enge Bindung zwischen Muttertier und Jungtier (dem sog. Tragling) entsteht.
… in privater Haltung:
Eines der augenscheinlichsten Probleme für die als Haustiere gehaltenen Affen ist die Größe und Einrichtung des Geheges. Fast alle Affenarten sind in freier Wildbahn an große Habitate gewöhnt, haben ein reiches Angebot an verschiedenen Nahrungsquellen und sind ausgeprägt soziale und neugierige Tiere. Auch die erforderlichen zusammenhängenden Gehegestrukturen für die wichtigsten artspezifischen Verhaltensweisen, wie bspw. Kletter- oder Ruhemöglichkeiten für nachtaktive Tiere, können diese natürliche Vielfalt nur unzureichend abbilden. Weiterhin ist die kognitive Leistungsfähigkeit der Tiere häufig nicht gewährleistet oder wird nicht, wie es notwendig wäre, gefördert. Bei allen Affenarten, die paarweise oder in Gruppen gehalten werden, besteht zudem die Gefahr für Kämpfe untereinander, wenn das Sozialgefüge nicht intakt ist. Denn durch den beengten Raum können häufiger Konflikte auftreten, von denen sich die Tiere nur schwer zurückziehen können. Verletzungen, Stress und Aggressionen sind damit häufige Probleme für die Tiere und auch die Halter*innen.
Selbst wenn auf Kletter- und Beschäftigungsmöglichkeiten geachtet wird, können die Affen unter einem Beschäftigungsmangel leiden: sie zerstören dann mitunter Gehegeeinrichtungen und Möbel, verletzen sich dabei und sind außerdem selten stubenrein.
Insbesondere ausgewachsene Tiere können zudem zu einer Gefahr für die Halter*innen werden. Im geschlechtsreifen Alter werden sie aufgrund des Fortpflanzungsdranges häufig aggressiver und somit schwerer zu handhaben, ganz besonders, wenn sie durch schlechte Haltungsbedingungen gestresst sind. Sie werden unruhig und unkontrollierbar, fangen an zu kratzen und zu beißen – wobei ein simpler Biss auch schon zu schweren Infektion führen kann. Denn eine weitere Gefahr, die sowohl die Tiere als auch ihre menschlichen Halter*innen betrifft, sind Zoonosen: das sind Krankheiten, die von Tieren auf Menschen und umgekehrt übertragen werden. Durch die evolutionäre Nähe von Menschen und Affen (bei Schimpansen gibt es sogar eine genetische Übereinstimmung von 98,8%) gibt es ein breites Spektrum an verschiedensten Krankheitserregern – zu denen auch noch unbekannte zählen –, die zu schweren Erkrankungen bis hin zum Tod führen können.
Nicht selten werden Affen auch schnell wieder abgegeben, wenn die Halter*innen merken, wie anspruchsvoll solch ein Wildtier ist oder wenn das vermeintlich süße Affenbaby in die Pubertät kommt und schwerer bis nicht mehr zu kontrollieren ist. Für Affen gibt es jedoch nur wenige alternative Unterbringungsmöglichkeiten, die bereits an ihre Kapazitätsgrenzen reichen.
Auch mangelndes Fachwissen der Halter*innen führt zu Leid der Affen, das unter Umständen sogar verborgen bleibt und zum Tod der Tiere führen kann. Zudem werden häufig vermeintlich „niedliche“ Verhaltensweisen durch ungenügendes Wissen missinterpretiert: langanhaltendes Schaukeln, übermäßiges Putzen oder häufiges an den Fingern lutschen sind nicht süß. Diese können ein starkes Indiz für Verhaltensstörungen sein. Das scheinbare „Lächeln“ und „Grinsen“ bei Makaken kann ein Ausdruck von Stress, Angst und Aggression sein – und das Ausstrecken der Arme bei Plumploris ist eine Drohgebärde und ein Abwehrverhalten, kein Wunsch danach, „gekitzelt“ zu werden. Dennoch hat sie genau dieses vermeintlich „niedliche“ Verhalten in den letzten Jahren zu beliebten Haustiere gemacht. Dass die Tiere in solchen Momenten potentiell unter Stress leiden, der anhaltende gesundheitliche Folgen hat, bleibt für Unwissende verborgen.
Ein reales Beispiel: So leiden Affen in Haustierhaltung
Die Schäden in Folge einer Privathaltung von Affen sind zum Teil irreparabel, wie das Beispiel eines Makaken zeigt, den unser Projektpartner Save Vietnam’s Wildlife aus neunjähriger Haustierhaltung befreit hat. Das Tier hatte durch die Kettenhaltung tiefe Schnittspuren am Hals, Infektionen und zeigte starkes Angstverhalten vor Licht (es versteckte sich unter Eimern und Decken) und wies selbstverletzendes Verhalten auf (es schlug wiederholt den Kopf gegen die Wand). Trotz Behandlung verstarb das Tier, da es durch die falsche Ernährung an starken Leber- und Nierenschäden litt.
Den ganzen Fall lesen Sie hier: https://welttierschutz.org/wie-affen-fuer-social-media-leiden/
Fazit: Sollte ich einen Affen als Haustier halten? Nein!
Aus unserer Sicht kann Affen in Haustierhaltung kein tiergerechtes Leben geboten werden. Affen sind keine domestizierten Tiere wie Hunde oder Katzen, sondern Wildtiere, deren Bedürfnisse in einer menschlichen Umgebung kaum erfüllt werden können. Hinzu kommen die grausamen Praktiken des Wildfanges, in dem viele Tiere verenden. So belegen Studien, dass die Nachfrage nach privater Affenhaltung den illegalen Wildtierhandel befördert. Dabei ist nicht ausschlaggebend, ob die Tiere durch registrierte Züchter*innen oder die vielen Internetportale und -plattformen zum Verkauf angeboten werden. Denn sowohl bei vermeintlich guten Züchter*innen als auch im Online-Markt werden Herkunftsnachweise mitunter gefälscht oder Schlupflöcher und Grauzonen in den Gesetzen genutzt. Sogar auf offiziellen Wildtierbörsen gibt es illegale Geschäfte unter der Hand, in denen illegal aus der Wildnis gefangene Affen verkauft werden. Forscher*innen vermuten, dass die Zahl solcher undokumentierten Fälle weitaus höher liegt als die der dokumentierten.
In vielen Fällen sind Affen in Haustierhaltung somit Wildfänge, bei denen die Jungtiere von ihrer Mutter oder ihrer Gruppe getrennt wurden. Durch die wachsende Nachfrage steigt der vermehrte Wildfang, der bei vielen Affenarten besonders grausam von statten geht: die Tiere – besonders jene, die gute Kletterer sind – werden gewaltsam von Bäumen heruntergeholt oder gar heruntergeschossen. Dabei werden gezielt Mutter-Baby-Gespanne gejagt, um noch prägsame Babys zu bekommen. Für jedes Affenbaby, das den Handel erreicht, sterben schätzungsweise zehn erwachsene Tiere und dazu ihre Jungtiere, die diesen gewalttätigen Übergriff nicht überlegen.
Der Haustiertrend von Affen ist somit als sehr kritisch zu betrachten und die Haustierhaltung von Affen wird von uns in Gänze abgelehnt.
Auch für Affenvideos auf Social Media gilt: #KeineLikesfürTierleid
Direkt verknüpft mit der Haltung von Affen als Haustiere ist oftmals auch das Verbreiten von Videos und Fotos, die Affen als Haustiere idealisieren und ihr „niedliches“ Verhalten als erstrebenswert darstellen. Die Social Media Animal Cruelty Coalition (SMACC), in der sich fast 20 Organisationen wie die Welttierschutzgesellschaft für ein Ende der Darstellung von Tierleid in sozialen Netzwerken engagieren, erhob zwischen September 2021 und März 2023 die Anzahl der Videos und Fotos von Makaken, die als Haustiere gehalten wurden. 1226 Beiträge auf Facebook, Instagram, TikTok und YouTube wurden dokumentiert, die insgesamt über 12 Milliarden Mal aufgerufen wurden und neben scheinbar „unschuldiger“ Haustierhaltung von Affen auch gewalttätige Folterung der Tiere darstellten. So wurde erst kürzlich – im Juni 2023 – ein Netzwerk aufgedeckt, in dem weltweit Affenhalter*innen dafür bezahlt wurden, ihre Affen durch vorher vereinbarte Aktivitäten zu quälen oder gar auf grausame Art zu töten. Die Auftraggeber*innen wiederum verbreiten die Videos dann auf ihren Kanälen: in Telegram- und Facebook-Gruppen. Einige dieser Gruppen hatten mehr als 1.000 Mitglieder.
Auch vermeintlich „unschuldige“ Videos, z.B. jene, in denen Jungtiere in Babykleidung dargestellt werden, führen zu Leid bei den Tieren. Auch wenn es unmöglich ist, hierzu Gesamtzahlen zu ermitteln: Immer häufiger begegnen uns solche Videos, in denen die Wildtiere wie Menschenkinder behandelt werden – das ist eine fatale Botschaft. Nutzerinnen und Nutzer von sozialen Netzwerken sollten in Bezug auf Inhalte, die die Haustierhaltung von Affen unkritisch oder verherrlichend darstellen, nicht reagieren, sondern die Inhalte konsequent an die Moderationsteams der Netzwerke melden. Zu oft bekommen diese Videos bekommen viel positives Feedback und befördern das Leid der Tiere, indem sie zur Nachahmung animieren. Immer mehr Menschen könnten es damit als realistische Möglichkeit sehen, einen exotischen Affen als Haustier halten zu können, ohne etwas über den tier- und artenschutzrelevanten Hintergrund zu erfahren – immer mehr Affen werden dadurch in der Wildnis von ihren Artgenossen und Familien getrennt und leiden in menschlicher Obhut. Somit birgt die scheinbare Banalität, dass der Affe ja nur verkleidet werde oder für wenige Sekunden für ein Bild posiere, viel mehr Tierleid in sich, als es auf den ersten Blick erscheint.
Liebe Tierfreundinnen und Tierfreunde,
… deshalb sollten auch Sie als Nutzer*innen der sozialen Netzwerke nicht die Reichweite dieser Posts weiter vergrößern. Wir bitten, weder mit positiven noch negativen Emojis oder Kommentaren zu reagieren. Vielmehr sollten Sie die Posts unmittelbar an die Moderator*innen-Teams des jeweiligen Netzwerkes mit dem Hinweis melden, dass es sich hierbei um eine Darstellung von Tierleid handelt.
Wie Sie dabei in sozialen Netzwerken vorgehen sollten, zeigt unser Leitfaden, den wir im Rahmen der Kampagne „Stoppt Tierleid in den sozialen Netzwerken“ erarbeitet haben. Unsere Forderung an die Betreiber*innen der Netzwerke, derartigen Tierleid-Inhalten Einhalt in sozialen Netzwerken zu bieten, können Sie hier mit Ihrer Petitions-Unterschrift stärken:
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