Südafrika

Mobile Tierklinik und Tierschutzbildung im Armutsviertel 

In der Township Khayelitsha herrscht große Armut. Vielen Menschen stehen ihre geliebten Tiere treu zur Seite, ihre Versorgung bleibt aber oft aus. © Nic Bothma/epa

Schätzungsweise eine Million Menschen leben mit hunderttausenden Haustieren in Khayelitsha – der Township am Stadtrand Kapstadts. Die Mdzananda Animal Clinic (MAC) bietet hier als einzige lokale Organisation kostengünstige tiermedizinische Hilfe, doch viele Halter*innen haben aufgrund der immensen Entfernungen und der schlechten Infrastruktur gar nicht erst die Möglichkeit, die stationäre Klinik zu erreichen. Gleichzeitig wächst die Zahl der Tiere stetig. In Folge sind viele Tiere, vor allem Hunde und Katzen, unterversorgt, Impfungen und Kastrationen bleiben aus.  

Um die Tierschutzproblematiken zu lösen, ergänzen wir das stationäre tiermedizinische Angebot der MAC um mobile Kliniken, eine Notfallambulanz und umfangreiche Bildungsarbeit in der Bevölkerung. 

Khayelitsha, Südafrika

Nur unweit des Stadtzentrums von Kapstadt entfernt, reihen sich in der Township  Khayelitsha unzählige Hütten aus Blech, Holz und Pappe aneinander. Das Leben der von Armut stark betroffenen Menschen ist hier sowie in benachbarten Vierteln wie Mitchells Plain, Macassar, Mfuleni, Delft und Eersteriver von Arbeits- und Aussichtslosigkeit geplagt, eine hohe Kriminalitätsrate und schlechte Bildungschancen sind trauriger Alltag. Vielen Menschen stehen ihre Tiere – Hunde und Katzen – treu zur Seite, wobei in Folge von Unwissenheit und fehlender Mittel eine oft Versorgung ausbleibt und die Tiere – unkastriert und ungeimpft – frei umherstreunen.   

Im Einsatz für die Tiere

  • Projektlaufzeit: seit 2018
  • Projektpartner: Mdzananda Animal Clinic (MAC)
  • Aktivitäten: Mobile Tierklinik, Notfallambulanz und Bildungsarbeit
  • Ziel: Verbessertes tiermedizinisches Angebot für Hunde und Katzen

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Weitere Informationen

Tierhilfe, wo es lange keine gab

Gegründet wurde die Mdzananda Animal Clinic (MAC)einst von einem einzigen Bewohner Khayelitshas, der mit einem Wassereimer und Futter loszog, um die notleidenden Tiere seines Stadtviertels zu versorgen. Als sich ihm seit Beginn 1996 immer mehr freiwillige Helfer*innen anschlossen, entstand eine stationäre Tierklinik, in der Haustiere zu bezahlbaren Preisen behandelt werden können – bis heute engagiert sich unsere Partnerorganisation hier für das Wohlergehen der Vierbeiner. Doch die immense Zahl an schätzungsweise 300.000 Hunden und Katzen in der Township kann damit nicht versorgt werden. Zudem kommen – in der Hoffnung auf eine bessere Jobsituation in Kapstadt – immer mehr Menschen aus umliegenden Gebieten mit ihren Tieren nach Khayelitsha – damit vergrößert sich auch die Zahl der in der Township lebenden Tiere immer weiter.  

Doch es ist nicht nur die sehr große Anzahl an Tieren, die grundlegend bereits eine Herausforderung für den Tierschutz in Khayelitsha darstellt:  

  • Viele Tierhalter*innen können sich tiermedizinische Leistungen nicht leisten – wenngleich diese von unserer Partnerorganisation schon sehr kostengünstig sind.  
  • Hinzu kommt die schlechte Infrastruktur in der Township: Es gibt nur unzureichende Transportmöglichkeiten, weshalb Tierhalter*innen, die fernab der Praxis leben, kaum einen Weg dorthin finden können.  

Die Folge ist, dass viele Hunde und Katzen Khayelitshas unversorgt bleiben. Sie weisen unbehandelte Verletzungen auf oder sind krank. Nur wenige werden kastriert, weshalb sich auch die Population der oft frei umherlaufenden Haustiere nahezu unkontrolliert vergrößern kann.  

  • Mensch-Tier-Konflikte sind eine weitere Problematik, die auch aus unzureichendem Wissen im Umgang mit Tieren resultiert: Aus Angst vor einem Hundebiss und einer Ansteckung mit der tödlichen Tollwut, wird Tieren immer wieder auch mit Gewalt begegnet.  

Nicht selten kommt es außerdem vor, dass Tiere, die weitgehend frei umherlaufen können, angefahren werden und Knochenbrüche erleiden – hier ist schnelle Versorgung lebensentscheidend, bleibt aufgrund fehlender Mittel und der großen Distanz zu den Praxen meist aber aus. 

Immer mehr Menschen kommen auf der Suche nach Arbeit mit ihren Familien und Tieren nach Kapstadt – damit wächst auch das Tierleid in der Township. © Mdzananda Animal Clinic 
Fordermitglied werden

5 Euro
im Monat

sichern die Tollwut-Impfung von sechs Hunden in Malawi.

48 Euro

stellen sicher, dass im Rahmen einer mobilen Tierklinik in Khayelitsha alle Hunde gegen Parasiten behandelt werden können. 

Mobile Klinik in der Township: Dort sein, wo die Tiere uns brauchen 

Unser Ziel ist es, die Versorgung der Tiere auch in den abgelegenen Teilen der Township und umliegenden Vierteln wie Mitchells Plain, Macassar, Mfuleni, Delft und Eersteriver sicherzustellen. Das stationäre Angebot der MAC erweitern wir dafür um mobile Kliniken:  

Seit 2018 ist dafür ein Team aus tiermedizinischen Fachkräften an drei Tagen in der Woche im Einsatz. Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag lassen sich die Tierärzt*innen und tiermedizinischen Helfer*innen dann samt Tieranhänger, einem Sanitätszelt sowie den notwendigen tiermedizinischen Materialien an einem zentral gelegenen Platz in Khayelitsha nieder. Dorthin bringen die Menschen ihre Hunde oder Katzen, die Untersuchungen, Entwurmungen sowie wichtige Impfungen erhalten.  

Bei schwerwiegenderen Verletzungen oder Krankheiten werden die Tiere in die stationäre Klinik unserer Partner gebracht und vor Ort angemessen tiermedizinisch versorgt und, wenn möglich, auch gleich kastriert.

Halter*innen können ihre Tiere im Rahmen der mobilen Kliniken tiermedizinisch versorgen lassen und erhalten gleichzeitig wertvolle Informationen zum Thema Tiergesundheit – hier etwa eine Gruppe Kinder, die unmittelbar die Fürsorge für ihre Tiere übernehmen. © Mdzananda Animal Clinic  

Für eine bessere Zukunft: Tierschutzbildung 

„Eine Gemeinschaft, die Tiere liebt, ist eine gesunde Gemeinschaft. Durch die Fürsorge für die Tiere erlernen die Menschen Verantwortung, Respekt vor dem Leben und Mitgefühl – Dinge, die man sonst im Umfeld der Township nur schwer lernt.
Unser Ziel ist eine Gemeinschaft, in der sich um alle Tiere gekümmert wird.“  

Marcelle du Plessis, Fundraising und Kommunikation bei der MAC 

Alle Halter*innen werden von unserem Team im Rahmen der mobilen Klinik auch umfassend über die gesundheitlichen Probleme und notwendige Versorgung ihrer Schützlinge informiert. Zudem geht der Bildungsbeauftragte von Tür zu Tür und sucht das persönliche Gespräch mit weiteren Tierhalter*innen, um über unser Angebot, die Notwendigkeit für eine tiermedizinische Grundversorgung der Tiere sowie wichtige Tierschutzthemen zu sprechen, wie z. B.: 

  • die tiergerechte Fütterung, 
  • natürliche Bedürfnisse wie regelmäßiger Auslauf, 
  • der Umgang mit Verletzungen und Erkrankungen, 
  • die Bedeutung von Kastrationen und Impfungen sowie 
  • die Haltungsbedingungen im Allgemeinen. 

Durch die Bildungsarbeit soll ein Bewusstsein für die Bedürfnisse von Tieren geschaffen und Vernachlässigungen oder gar Misshandlungen vorsorglich verhindert werden. 

Bereits in der Vergangenheit wurden mit unserer Unterstützung umfangreiche Bildungsmaterialien entwickelt und gedruckt, die diese dringenden Themen und Probleme ansprechen und in den persönlichen Gesprächen mit den Halter*innen als Leitlinie dienen. Diese werden laufend aktualisiert und erweitert. Im Anschluss an die Gespräche verbleiben die Materialien zudem in den Haushalten. 

Die mobilen Kliniken und die begleitende Bildungsarbeit finden drei aufeinanderfolgende Monate am immer gleichen Standort statt. Dadurch schaffen wir in der Bevölkerung Vertrauen und können durch Basisschutz-Impfungen der Tiere sowie die tiermedizinische Versorgung eine nachhaltige Grundlage für eine verbesserte Tiergesundheit vor Ort erwirken.  

Wir unterstützen zudem auch, dass die MAC die in der Bildungsarbeit tätigen Mitarbeiter*innen im Rahmen regelmäßiger Workshops zu neuen Themengebieten schult. Die Bildungsbeauftragten lernen dabei auch, wie sie Tierschutzinhalte besonders verständlich vermitteln können. 

Die lokale Gemeinschaft informiert sich durch unser Team und unsere Informationsmaterialien über Tiergesundheit. © Mdzananda Animal Clinic  

Was bisher geschah: Projektrückblick

Bereits seit 2018 führen wir in Khayelitsha mobile Kliniken durch. Im Spätsommer 2021 war es auch dem mobilen Team zu verdanken, dass die eigentlich in Khayelitsha eingedämmte Tollwut nicht wieder zu grassieren begann: Nachdem die ersten Tollwutfälle vermeldet wurden, wendeten wir durch die Bereitstellung von Tollwut-Impfstoffen im Rahmen gezielter Impfaktionen die Gefahr ab. Im Oktober 2022 wurden erneut präventiv zusätzliche Impfungen geleistet.  

Einen rechtlichen Erfolg bedeutete 2021 die Überarbeitung des „Animal Keeping Bylaw“ in der Westkap-Region, zu der auch Kapstadt zählt. Demnach muss nun jedes Tier, das älter als sechs Monate ist, kastriert werden. Diese neue Regelung bietet auch unserer Partnerorganisation im Rahmen der mobilen Kliniken eine solide rechtliche Basis, auf der Tierhalter*innen zu ihrer Kastrationspflicht aufgeklärt und vom Eingriff überzeugt werden können. Diese können im Rahmen der mobilen Klinik erfasst und später in der stationären Klinik kastriert werden.  

So schaffen wir nicht nur eine grundlegende tiermedizinische Erstversorgung, sondern auch eine gesündere Tierpopulation – denn in einer stabileren Populationsgefahr sinkt auch die Gefahr der Verbreitung von Krankheiten und Tierleid. 

Im letzten Vertragsjahr (2023) konnten fast 6.500 Tiere behandelt und 922 Haushalte über verantwortungsbewusste Tierhaltung und die Relevanz von Behandlungen für die Tiergesundheit informiert werden. 

Notfallambulanz: Jederzeit für die Tiere zur Stelle 

Zusätzlich zur mobilen Klinik und der begleitenden Bildungsarbeit rückt mit unserer Unterstützung ein Team an mehr als fünf Tagen die Woche auch als Notfallambulanz aus – entweder, weil ein Tier verletzt oder erkrankt ist oder weil die Halter*innen einer Kastration ihres Tieres zustimmen.  

Dafür bringt unser Team mit der Ambulanz die Hunde und Katzen dann zur Behandlung in die stationäre Klinik von MAC, wo sie für die Nachsorge und bis zur Genesung untergebracht werden. Anschließend werden sie durch unser Team mit ihren Halter*innen wieder vereint. 

Das Angebot der Notfallambulanz ist insbesondere eine Hilfe für Menschen, die ihre Tiere nicht selbst in die Klinik bringen können. Die Mitglieder der lokalen Gemeinschaft können die Ambulanz entweder über unsere Telefonleitung oder über eine Anfrage in den sozialen Netzwerken erreichen. So stellen wir sicher, dass Tierleben auch über die mobilen Kliniken hinaus in akuten Notsituationen gerettet werden können. 

Auch dieser jungen Hündin konnte im Rahmen unseres Einsatzes lebensrettende Hilfe geleistet werden. © Mdzananda Animal Clinic 

Alle Behandlungen und der Gesundheitszustand der Tiere werden umfangreich dokumentiert. Denn nur so können Entwicklungen analysiert und weitere Maßnahmen effektiver geplant und durchgeführt werden. Auf Basis der bisherigen Daten lässt sich dabei feststellen, dass die Nachfrage von Seiten der Bewohner*innen Khayelitshas nach unserem tiermedizinischen Angebot stetig wächst, was unsere Partner auch als eine positive Folge der zunehmenden Akzeptanz und des gewachsenen Tierwohlbewusstseins in Folge der Informationsarbeit deuten.  

Zudem beobachten wir immer wieder, dass Halter*innen aus unseren früheren mobilen Kliniken erneut mit ihren Tieren erscheinen – sie haben die Notwendigkeit der Tierversorgung verinnerlicht.  

Doch der unermüdliche Einsatz unserer Partner für die Tiere in Khayelitsha steht regelmäßig vor großen Herausforderungen:

Durch zunehmende Extremwetter-Ereignisse wie Starkregen und Dürren ist es zeitweise äußerst gefährlich, die mobile Klinik stattfinden zu lassen. Auch politische Unruhen und Aufstände in der Bevölkerung erschweren die lebensrettende Hilfe unseres Teams immer wieder – die Sicherheitsrisiken für unser Team müssen genau abgewogen werden. 

Außerdem sind die Lebenshaltungskosten und Preise für Aufwände etwa tiermedizinischen Verbrauchsmaterials in den letzten Jahren immens gestiegen. Dadurch hat sich nicht nur die finanzielle Situation der Menschen vor Ort noch verschlechtert, sondern auch die Kosten für unseren Einsatz. Das Benzin für die Autos ist kaum mehr erschwinglich, im ganzen Land kommt es immer wieder zu Stromausfällen, was auch den wichtigen Tierschutzeinsatz herausfordert. 

All dem zum Trotz wollen wir mit der Kombination aus mobilen Kliniken und intensiver Bildungsarbeit sowie dem Einsatz der Notfallambulanz den Tieren in Khayelitsha auch künftig die dringend benötigte Versorgung ermöglichen.

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