Qualzucht: Wenn Leid angezüchtet ist

Atemnot, Entzündungen und Gelenkserkrankungen sind nur einige von vielen Krankheitsbildern, unter denen Tiere infolge einer extremen Zucht leiden. Zwar sind so genannte Qualzuchten laut Tierschutzgesetz verboten. Aufgrund einer unzureichenden Definition wird diese aber weiterhin in Deutschland praktiziert – und stark nachgefragt. Neben der unzureichenden Gesetzeslage ist unserer Ansicht nach auch die oft unkritische Darstellung dieser Zuchten in sozialen Netzwerken problematisch.

Wir haben einen Überblick über die wichtigsten Merkmale zum Erkennen von Qualzuchten bzw. Rassen mit Defektmerkmalen erstellt und geben Empfehlungen für den richtigen Umgang mit derartigen Tierleid-Darstellungen im digitalen Raum.

 Qualzucht – was ist das eigentlich?

Sowohl bei Heim- als auch bei Nutztieren gibt es bestimmte Merkmale, so genannte Defektmerkmale, die selbst, oder in ihrer Folge Qualen, Leiden oder Schmerzen für die Tiere bedeuten können. Die verbundenen Einschränkungen können bei den betroffenen Tieren stark variieren – von Gelenkbeschwerden, Atemnot, und Herzproblemen bis hin zu einem begrenztem Ausdrucks- und Kommunikationsverhalten. Dabei leiden die betroffenen Tiere in vielen Fällen nicht nur unter einer, sondern einer Vielzahl an Einschränkungen.

Bisher fehlt es an einer rechtlich bindenden Konkretisierung von Qualzucht, weshalb die Konkretisierung Auslegungssache ist. Die Welttierschutzgesellschaft stützt ihr Verständnis von Qualzucht und dessen Auslegung im Alltag auf mehrere wissenschaftliche Quellen. Für einige Rassen liegen in Deutschland beispielsweise Gutachten oder Merkblätter etwa des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vor. Außerdem liegt im Rahmen des Projektes „Qualzucht-Evidenz Netzwerk (QUEN)“, in dem auch wir von der Welttierschutzgesellschaft uns engagieren, eine stetig erweiterte Datenbank vor, die umfassende wissenschaftliche Informationen bezüglich zuchtbedingter Defekte bereitstellt. Die Datenbank – strukturiert nach Rassen und bestimmten Defekten für Tiere in Menschenhand –  soll Veterinärbehörden, Verwaltungen und Gerichten als Vollzugshilfe dienen und somit deren Arbeit im Sinne des Tierschutzes erleichtern.

Qualzuchten sind … 

Qualzuchten sind Einzeltiere, die zuchtbedingte Defektmerkmale ausgeprägt zeigen, die unmittelbar oder in der Folge Qualen, Leiden oder Schmerzen für das Tier bedeuten können. Potentielle Qualzuchten sind Einzeltiere, die einer Rasse mit Defektmerkmalen angehören und die Defekte – womöglich auch nicht sichtbar – in Form der Erbanlagen in sich tragen können.

Ist Qualzucht im D-A-CH-Gebiet (Deutschland, Österreich, Schweiz) verboten?

Ja, in Deutschland ist Qualzucht laut des § 11b (so genannter Qualzuchtparagraph) des Deutschen Tierschutzgesetzes (TierSchG) verboten.

Das Deutsche Tierschutzgesetz im Detail:

„(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse oder im Falle der Veränderung Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass als Folge der Zucht oder Veränderung

  1. bei der Nachzucht, den biotechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten oder
  2. bei den Nachkommen

a) mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten,

b) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder

c) die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.“

Ebenso verbietet Österreich im § 5 Abs. 2 des Tierschutzgesetzes die Zucht sowie den Import, Erwerb, die Weitergabe, Werbung und Ausstellung Qualzuchten und auch in der Schweiz ist es ausdrücklich nicht erlaubt, Tiere zu züchten, wenn bei Elternteilen oder bei den Nachkommen durch das Zuchtziel bedingte oder damit verbundene Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen verursacht werden.

Eine rechtlich bindende Konkretisierung von Qualzucht bleibt aber in allen bestehenden Gesetzen aus. Das hat zur Folge, dass die Gerichte im Klagefall ihre eigene Auslegung anwenden können.

Warum die unkritische Darstellung von Qualzuchten problematisch ist

Wir sind davon überzeugt, dass das anhaltend große Interesse an Qualzuchten vornehmlich aus Unwissenheit über das Leid der Tiere resultiert und der Niedlichkeitsfaktor sowie Trends, die sich beispielsweise in der Öffentlichkeit und sozialen Netzwerken formen, bei der Kaufentscheidung für ein bestimmtes Tier oder eine bestimmte Rasse weiter bei vielen Menschen im Vordergrund stehen. Eine ausführliche Ausarbeitung dazu finden Sie hier: https://welttierschutz.org/unkritische-darstellung-von-qualzucht/.

Aus diesem Grund sehen wir die unkritische Darstellung von (auch potentiellen) Qualzuchten unter anderem in sozialen Netzwerken als problematisch: Ob mit stark ausgeprägten Defektmerkmalen oder nicht – die Tiere werden in den Netzwerken vielfach unkommentiert, gar verherrlichend und verniedlichend dargestellt, wodurch die ohnehin hohe Nachfrage weiter steigen und die Zucht befördert werden könnte.

Wir appellieren deshalb im Rahmen unserer Kampagne „Stoppt Tierleid in den sozialen Netzwerken“ an alle Halter*innen von Tieren, die eine (potentielle) Qualzucht sin, sich mit der Thematik in ihren Beiträgen kritisch auseinanderzusetzen. Dazu zählt, dass alle Inhalte mit den entsprechenden Tieren einen kritischen Hinweis enthalten sollten, der über die (potentiellen) Krankheiten, Qualen, Schmerzen oder Leiden des Tieres und die Problematik der Zucht von Rassen mit Defektmerkmalen informiert. Nur so kann ein Beitrag geleistet werden, damit Qualzucht zukünftig verhindert wird.

Für Menschen, die die Beiträge sehen, gilt:
Keine Likes für Tierleid

Nutzerinnen und Nutzer der Netzwerke, die Inhalte mit potentiellen Qualzuchten oder Tieren einer Rasse mit Defektmerkmalen sehen, sollten diese Beiträge nicht liken oder kommentieren.

Jede öffentliche Reaktion verschafft dem Inhalt weitere Reichweite. Melden Sie stattdessen den Beitrag konsequent den Moderator*innen-Teams.

Bei Unsicherheit, ob es sich beim dargestellten Tier um eine Qualzucht handelt, sollte unserer Ansicht nach im Zweifel für das Tier entschieden werden: Zeigt das Tier sichtbare Defektmerkmale wie im Folgenden erläutert oder zählt es zu einer Rasse mit Defektmerkmalen und könnte potentiell (auch nicht sichtbar) die genetische Veranlagung für Defektmerkmale tragen, ist die einzig richtige Reaktion dieselbe: #KeineLikesFürTierleid – und konsequent melden.

#StopptTierleid

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Stärken Sie unsere Forderungen an die sozialen Netzwerke und die Bundesregierung: Für ein Stopp von Tierleid-Inhalten!

Worunter können Qualzuchten leiden?

Atemnot, Lahmheiten, Entzündungen der Haut, Fehlbildungen der Wirbelsäule sowie des Gebisses und Schädels: Die Ausprägung der Merkmale kann sehr unterschiedlich sein und schwere Folgen für die Tiere haben.  Tiere, die zuchtbedingte Defektmerkmale aufweisen, haben gemeinsam, dass ihr Gesundheitszustand häufigere tierärztliche Behandlungen bzw. eine intensivere Pflege durch die Halter*innen erfordert. Oft führen die angezüchteten Defekte und ihre Folgen aber nicht nur zu lebenslangen Schmerzen, Schäden oder Verhaltensstörungen, sondern auch zu einem frühzeitigen Tod.

Im Folgenden listen wir einige der häufigsten Qualzucht-Merkmale, stark betroffene Rassen und die möglichen Folgen für die Tiere auf:

Defektmerkmale bei Heimtieren, die Sie kennen sollten

Als Grundlage für die folgende Merkmalsliste dient sowohl das oben genannte Gutachten zur Auslegung von § 11b des Tierschutzgesetzes des BMEL als auch die wissenschaftlich aufgearbeiteten Merkblätter des Qualzucht-Evidenz-Netzwerkes. Die genannten Defekte stellen zum Teil Zuchtziele dar, die mit dem geltenden Tierschutzgesetz nicht vereinbar sind.

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Hunde: Französische Bulldogge, Boxer, Englische Bulldogge, Chihuahua, Mops, Pekinese, Prince Charles Spaniel, Shi Tzu, Toy-Spaniel, Mastiff, Amerikanische Bulldogge
  • Katzen: Perserkatzen, Exotic Shorthair, British Shorthair / British Kurzhaar (BKH)

Bei gesunden Tieren dient die Nase neben dem Riechen vor allem der uneingeschränkten Atmung und der Thermoregulation. In der Regel stellen die inneren Weichteile keine Probleme bei der Atmung dar. Der Hirnschädel dient einer geschützten Aufbewahrung des Gehirns und soll einen uneingeschränkten Zu- und Abfluss der notwendigen Körperflüssigkeiten (Liquor, Blut, Lymphe) sicherstellen. Die Brachyzephalie (=Kurzköpfigkeit) zeichnet sich durch eine Züchtung entgegen dieses Normalzustandes auf – mit dem Zuchtziel verkürzter Nasen und/oder abgerundeter Hirnschädel.

Die aus dem verkürzten Gesichtsschädel resultierende Verlegung der Atemwege führt zu erschwerter Atmung bis hin zu Atemnot, was sich beim Hund vor allem durch Hecheln, Röcheln und Schnarchen, bei dem Katze durch eine Maulatmung darstellt. Für Hunde ist in diesem Zusammenhang das Brachycephalic (Obstructive) Airway Syndrome (kurz: B(O)AS) beschrieben. Dies ist verbunden mit einer gravierenden Funktionsstörung der Atmung durch strukturelle Fehlbildungen von knöchernen Strukturen, Weichgeweben und rassespezifisch verkürzten Nasen sowie Schädelknochen, die zu einer Obstruktion der Luftwege und gastro-intestinalen Störungen führen.

Durch die Beeinträchtigung des Atmungsapparats können zudem Folgeschäden anderer Organsysteme entstehen. Die gesamte Belastbarkeit des Tieres wird in Mitleidenschaft gezogen. In der Folge erfahren die Tiere Verunsicherung, das Spiel- und Sozialverhalten wird beeinträchtigt und damit ein artspezifisches Verhalten eingeschränkt. Dieser Zustand kann ebenso als schweres Leiden eingestuft werden. Eine 2012 durchgeführte Befragung der Klinik für Kleintiere der Universität Leipzig unter 62 Halter*innen belegte den leidvollen Alltag: Über die Hälfte der Tiere habe Atemprobleme beim Schlafen, da sie im Liegen keine Luft bekämen und unter Erstickungsanfälle litten – 24 Prozent der Tiere würden daher im Sitzen Schlaf suchen. 77 Prozent hätten Probleme beim Fressen, gut die Hälfte erbrechen sich mehr als einmal am Tag und jeder dritte Hund sei schon einmal aufgrund von Atemnot umgefallen.

Hinzu kommt: Hunde regulieren ihre Körpertemperatur hauptsächlich durch Hecheln, was für brachyzephale Rassen schwieriger zu leisten ist. Durch die aus diesem Grund gestörte Thermoregulation überhitzen die Tiere schnell. Der gesamte Organismus wird überstrapaziert.

Weitere Folgen:

  • Durch eine verkürzte Nase kommt es oft zu einer gestauchten Nasenhaut mit Hautfaltenbildung und einer Disposition zu Hautentzündungen und Pilzerkrankungen.
  • Der Tränenkanal kann teilweise oder vollständig verlegt sein, was zu einer Austrocknung der Augen führen kann und sich vor allem an einer sogenannten Tränenstraße zeigt, was eine bräunliche Verfärbung vom Auge abwärts ist, die ebenfalls auch zu Dermatiden führen kann.
  • Die artspezifische Mimik ist durch das insgesamt gestauchte Gesicht nicht mehr ausdruckfähig. Folge ist die Störung der innerartlichen Kommunikation.
  • Durch eine Verkürzung des Gesichtsschädels kann es zu einem Exophthalmus (hervorstehende „Glupschaugen“) kommen, die Augen sind dann nicht mehr gut geschützt in der Orbita eingebettet.
    • Die Augen sind mehr mechanischen Reizen ausgesetzt und es kann zu Verletzungen kommen.
    • Die Benetzung mit Tränenflüssigkeit wird erschwert, was zusätzlich zu einer Austrocknung der Augen führen kann.
  • Die Verlagerung (Einrollung) der Lider kann zudem zu einer Reizung der Kornea führen.
  • Durch die Fehlstellung der Augen kann es zu Sehbehinderungen kommen, was sich auf das Gesamtbefinden und das artspezifische Verhalten auswirken kann.
  • Es treten häufig Anomalien am Kiefer und/oder dem Gebiss auf, was zu einer Einschränkung der Nahrungsaufnahme, der artspezifischen Kommunikation und Schmerzen führen kann.

In der Folge des abgerundeten Hirnschädels können zudem weitere Defekte folgen:

  • Es kann zu einer unzureichenden Schließung der Fontanellen kommen, was zu einem reduzierten Schutz des Gehirns führt.
  • Durch anatomische Verlagerungen im Innenohrbereich kann es dort zu Sekretansammlungen kommen, die das Gehör beeinträchtigen können.
  • Ein abgerundeter Schädel kann bei den Welpen dazu führen, dass sie den Geburtskanal schwerer durchdringen können. Schwergeburten sind die Folge.
  • Es besteht eine Disposition zu Hydrozephalie („Wasserkopf“) und Tumorbildung.
  • Bei einigen betroffenen Hunderassen ist eine angeborene Anomalie der Schädelbasis beschrieben, die zur Kompression des Kleinhirns und des Hirnstammes führen kann, was sich in unspezifischen Schmerzattacken äußern kann.

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Hunde: Französische Bulldogge, Englische Bulldogge, Dackel, Bobtail, Cocker Spaniel, Entlebucher Sennenhund, Rottweiler, Mops
  • Katzen: Manx, Cymric, Japanese Bobtail und Kurile Bobtail

Als Brachyurie wird eine angeborene Verkürzung des Schwanzes bei Wirbeltieren bezeichnet. Die betroffenen Tiere weisen eine deutliche Verkürzung der Schwanzwirbelsäule bis hin zum Stummelschwanz und zudem oftmals eine Verkrüppelung des Schwanzes (Korkenzieherschwanz, Knickschwanz) auf.  Bei der angeborenen Schwanzlosigkeit (Anurie) fehlt der Schwanz komplett.

  • Brachyurie und Anurie gehen mit verschiedenen Fehlbildungen der Wirbelsäule einher, durch die die Entwicklung des Rückenmarks gestört sein kann. Infolge kann es zu neurologischen Störungen der hinteren Körperhälfte, wie dem Verlust von Sensibilität und Lähmungen der Extremitäten sowie zu Harn- und/oder Kotinkontinenz kommen.
  • Katzen dient der Schwanz vor allem zum Ausbalancieren beim Laufen, Sprinten und Klettern, entsprechend können kurzschwänzige bzw. schwanzlose Katzen in ihren artspezifischen Bewegungsabläufen gestört sein.
  • Betroffene Hunde können sich anderen Artgenossen gegenüber nicht durch Bewegungen und Haltungen der Rute bzw. des Schwanzes mitteilen und sind so eines wichtigen Kommunikationsmittels beraubt.

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Katzen: Sphynx, Devon Rex, Lykoi
  • Hunde: Chinesischer Schopfhund, Mexikanischer Nackthund (Xoloitzcuintle), Peruanischer Nackthund (Perro sin pelo del Perú, Peruvian Inca Orchid Dog, Moonflower Dog, Viringo), Französische Bulldoggen-Mixe („Hairless Bully“), American Hairless Terrier

Katzen: Das Haarkleid dient Katzen der Thermoregulation, dem Schutz der Haut und verteilt Duftstoffe, so dass es – auch in der „Stellung“ Teil des arteigenen Ausdrucks- und Kommunikationsverhaltens ist. Die Vibrissen (Tasthaare) leiten zudem Berührungsreize im Nahbereich von 20cm an das Hirn weiter und dienen damit der Orientierung und auch dem Eigenschutz.

Schon das teilweise Fehlen der Vibrissen ist dabei als Defektmerkmal zu werten, da in Folge die teilweise oder sogar vollständige Funktionslosigkeit einiger Sinne einhergeht:

Durch eine Einschränkung bzw. das Fehlen des Haarkleids und/oder der Vibrissen ist das artgerechte Verhalten gestört (Beute- und Sozialverhalten). Haarlose Katzen weisen oft auch Hautverdickungen (durch Wachstumsstörungen oder Fehlbildungen der Hautfollikel), Pilzbefall in ausgeprägteren Hautfalten und eitrige Entzündungen auf. Ist dies der Fall, ist ein häufigeres Baden der Tiere erforderlich, was ebenfalls negative Folgen für das Wohlbefinden und die Hautkonstitution haben kann. Weiterführende Informationen hier: QUEN-Merkblatt: https://qualzucht-datenbank.eu/2021/08/21/merkblatt-katze-haarkleid/.

Hunde:  Haarlose Hunde können Sekundärfolgen wie Hautprobleme und Allergien aufweisen. Zudem neigen die Tiere aufgrund des fehlenden natürlichen Schutzes gegen die Sonne vermehrt zu Sonnenbrand und infolge dessen an Hautkrebs. Mehr dazu hier: https://qualzucht-datenbank.eu/merkblatt-hund-haarkleid/ 

Zwergwuchs geht auf Osteochondrodysplasien zurück. So bezeichnet man erbliche – durch Mutationen verursachte – Fehlbildungssyndrome des Skeletts, insbesondere der Gliedmaßen und der Wirbelsäule, die von einem abnormalen Wachstum von Knorpel- und Knochengewebe charakterisiert sind. Sie führen dazu, dass die Tiere beispielsweise ungewöhnlich kurze Gliedmaßen entwickeln.

Hunde: Bei Hunden ist zwischen Chondrodysplasie und Chondrodystrophie zu unterscheiden. Chondro bedeutet Knorpelgewebe, eine Dysplasie ist eine abnormale Entwicklung und eine Dystrophie eine Entwicklungsstörung durch degenerative Prozesse. Zwergwuchs stellt somit in beiden Formen eine abnormale Entwicklung des Knorpels dar und hat weitreichende Folgen für das Tier.

  • Bei der Chondrodysplasie handelt es sich insbesondere um einen Zwergwuchs mit Verkürzung der langen Gliedmaßen: Folge ist ein kurzbeiniges Erscheinungsbild. Grund dafür ist eine Störung des Knochenwachstums. Damit verbunden ist eine starke Disposition zur Fehlbildung der Zwischenwirbelscheiben.

  • Chondrodystrophische Hunderassen weisen kurze Beine und zudem einen langen Körper auf. Dies geht insbesondere auch mit einer erhöhten Anfälligkeit für eine vorzeitige Abnutzung der Bandscheiben einher, was Probleme an den vorderen Gliedmaßen wie Lahmheit und Schmerzen verursachen kann. Ein weiteres Merkmal chondrodystrophischer Rassen ist die Fehlstellung der Ellbogenknochen: Die Knochen des Ellbogens sollen wie Puzzleteile einrasten; das passiert bei diesen Hunden allerdings nicht. Bei chondrodystrophischen Hunden wächst einer der Knochen im Vorderbein in eine abnormale Richtung. Dadurch wächst der andere Knochen gekrümmt statt gerade. Dieser gekrümmte Knochen trägt zu dem für bestimmte Rassen typischen o-beinigen Aussehen bei, was bei dem Hund zu einer Reihe von orthopädischen Problemen führen kann. Chondrodystrophische Rassen sind außerdem anfällig für bestimmte Krankheiten. Oftmals sind Missbildungen bei chondrodystrophischen Hunden so ausgeprägt, dass sie ernsthafte Probleme beim Laufen verursachen. Einige Gliedmaßendeformitäten führen zu einer erhöhten Belastung benachbarter Gelenke, was u.a. zu Gelenkinstabilität, Schmerzen, eingeschränkter Bewegungsfreiheit und Lahmheit führt. Andere häufige Symptome, die bei chondrodystrophischen Rassen beobachtet werden, sind:
  • Langsames oder völlig fehlendes Wachstum bei Welpen
  • Vorstehender Unterkiefer
  • Engstehende Zähne
  • Brachycephalie
  • Gekrümmte Wirbelsäule
  • Kleine oder unverhältnismäßige Statur
  • Herzprobleme
  • Verringerte Knochendichte

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • In einigen Fällen von Zwergwuchs handelt es sich um eine spontane, genetische Mutation. Meistens ist jedoch genau dies ein wünschenswertes Merkmal und daher ein Zuchtziel der Rasse, u.a. bei Basset Hound, Dackel, Beagle, Corgi, English Bulldog.

Katzen: Die Skelettdysplasie beschränkt den Kleinwuchs auf einzelne Körperteile der Katze. Die Katze ist also nicht insgesamt kleiner, sondern hat nur verkürzte Gliedmaßen unter einem sonst normal großen Rumpf. Bei dieser Chondrodysplasie besteht von Geburt an eine Verkürzung der langen Röhrenknochen. Dabei sind die Vorderbeine in der Regel kürzer als die Hinterbeine. Während die Widerristhöhen gesunder Katzen zwischen etwa 20 bis 35 cm beträgt, wies die bisher kleinste Katze mit Chondrodysplasie hingegen nur eine Widerristhöhe von 13,34 cm auf. Besonders betroffene Katzen sind in ihrer Lebensqualität und Lebenserwartung stark eingeschränkt. Aufgrund ihrer eingeschränkten Beweglichkeit neigen die Katzen zu Übergewicht und haben ein erhöhtes Risiko für Arthrose und Arthritis. Ebenso zeigen sich bei ihnen vermehrt u.a. Bandscheibenvorfälle. Auch Schwergeburten kommen gehäuft vor. Bei Katzen können zudem Veränderungen der Zwischenwirbelscheiben sowie die sogenannte „Trichterbrust“ und eine ventral konvexe Verkrümmung der Wirbelsäule (Lordose) die Folge sein. Die Lebenserwartung von diesen Tieren ist stark eingeschränkt.

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Munchkin (sogenannte „Dackelkatzen“), Minuet und Minskin. Es existieren andere Rassen, die Zwergwuchs-ähnliche Wachstumsstörungen zeigen, die aber nicht auf Chondrodysplasie beruhen.

Welche Rassen sind als Nachfahren von Hybriden bekannt?

  • Katzen: Savannahkatzen, Bengalkatzen

Bei Hybriden handelt es sich um die Nachkommen von Eltern zweier Spezies, die nicht der gleichen Art, Unterart, Gattung oder Population angehören.

Ein Beispiel unter Katzen sind Savannah- – eine Kreuzung domestizierter Hauskatzen mit Servalen, einer wilden afrikanischen Katzenart – und Bengalkatzen, die die Kreuzung von Hauskatze und Leopardkatze sind. Bei Tieren früher Generationen (F1-F4) handelt es sich um direkte Nachkommen einer Zwangsverpaarung zweier unterschiedlicher Tierarten, die sich in der Körpergröße, dem Gewicht und der Tragzeit deutlich unterscheiden.

weitere Defektmerkmale – vornehmlich bei Hunden:

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Schäferhund, Berner Sennenhund, Golden Retriever, Rottweiler

Bei der Hüftgelenksdysplasie handelt es sich um eine erblich bedingte Fehlbildung der beteiligten knöchernen Anteile des Hüftgelenkes, die insbesondere bei der Züchtung für einen kräftigen Körper mit nach hinten abfallender Rückenlinie in Kauf genommen wird. Es kann zu schmerzhaften Entzündungen und Arthrosen kommen und bereitet den Tieren zunehmende Probleme in der Bewegung, mit mangelnder Stabilität und Lahmheiten als Folge.

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Hängelid: Mastino Napoletano, Deutsche Dogge, Mastiff, Bassets, Spaniels und Neufundländer, sowie brachyzephale Rassen wie Boxer oder Mops.
  • Roll-Lid: Rottweiler, Golden Retriever, Chow Chow, Shar Pei

Hierbei handelt sich um eine Fehlstellung des Augenlids, bei der sich der Lidrand nach außen dreht (Ektropium) bzw. nach innen einrollt (Entropium).
Beim Hängelid (Ektropium) liegt der Lidrand des unteren Augenlids dem Auge nicht glatt an, sondern gibt den Blick auf die weiter innen liegende Bindehaut frei, die infolgedessen ungeschützt vor Umwelteinflüssen ist. Staub und Fremdkörper können leicht eindringen und mit ihnen zahlreiche Erreger. Als Folge kann sich eine Bindehaut-Entzündung (Konjunktivitis) und/oder stetiger Augenausfluss entwickeln.

Beim Roll-Lid (Entropium) schleifen die Wimpern durch die Einrollung des Augenlids auf dem Auge und reizen die Binde- und Hornhaut. Für den Hund ist das sehr unangenehm und kann von Augenrötung über Bindehaut- und Hornhaut-Entzündung bis hin zum Hornhaut-Geschwür führen. Außerdem sind Hunde mit diesen Merkmalen oftmals extrem überempfindlich gegenüber Licht. Betroffene Hunde blinzeln vermehrt und reiben sich die Augen mit ihren Pfoten oder an Gegenständen, was wiederum das Risiko einer Entzündung des Auges erhöht.

© audrey_sel via flickr (https://www.flickr.com/photos/forbiddendoughnut/4853771640)

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Rhodesian Ridgeback, Thai Ridgeback

Bei Dermoidzysten handelt es sich um Hauteinstülpungen am Rücken, die bis in den Wirbelkanal hineinreichen können und vor bzw. hinter einem „Ridge“ (Haarstrich mit gegenläufigem Wuchs) liegen können. Diese Zysten können im ausgeprägten Fall zur Lähmung der Hinterläufe und zu Schmerzen führen sowie im Fall von Infektionen zu entzündlichen Veränderungen (z.B. der Hirnhäute =Meningitis) oder des Rückenmarks = Myelitis).

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Collie, Shetland Sheepdog, Welsh Corgi Cardigan, Border Collie, Australian Shepherd, Teckel, Dunkerhund, Bergamasker, Pyrenäenschäferhund, Berger de Beauce, Mudi, Altdeutschem Hütehund, Catahoula Leopard Dog sowie durch Einkreuzung auch in vielen anderen Rassen wie Pomeranian, Chihuahua, Französische Bulldogge („Farbbully“), Mops („Farbmops“), „Aussiedoodle“, „Aussiedor“

Beim Merle-Faktor handelt es sich um eine (genetisch bedingte) Farbvariation des Fells, die durch eine fehlerhafte Verteilung des Pigments Eumelanin aufgrund einer Genmutation hervorgerufen wird. Die Grundfarbe des schwarzen bzw dunkelbraunen Felles ist stellenweise aufgehellt, sodass unregelmäßige, zerrissen wirkende Flecken auf einem aufgehellten Grund zu sehen sind. Auch die Augen können unterschiedliche oder gemischte Farben haben.

Das Merle-Gen kann bei homozygoten Trägern zu Fehlbildungen des Innenohrs mit Taubheit und damit verbundenem eingeschränktem Sozialverhalten führen. Darüber hinaus können bei betroffenen Tieren Fehlbildungen der Augen auftreten, ein eingeschränkter Hörsinn oder Entwicklungsstörungen im Vergleich zu ihren Wurfgeschwistern vorkommen. Da der Merle-Faktor nur das Eumelanin betrifft, ist eine Beurteilung, ob es sich um einen Merle-Faktor-Träger handelt, aufgrund des phänotypischen Erscheinungsbildes äußerst schwierig. So können hell-pigmentierte z. B. rötlich-gefärbte Tiere ebenso Merle-Faktor-Träger sein (sog. Cryptic Merle), auch wenn sie selbst keine Scheckung des Fells aufweisen.

Welche Rasse wird häufig für die Teacup-Zucht genutzt?

  • Hunde: Chihuahua, Zwergpinscher, Yorkshire Terrier, Toy-Pudel

Hinter der Bezeichnung Teacup-Hund verbergen sich bewusste Kleinzüchtungen bekannter Zwerghunderassen. Für die Teacup-Züchtungen werden die kleinsten und schwächsten Tiere eines Wurfes ausgewählt und gezielt miteinander verpaart. Die aus dieser Paarung resultierenden Nachkommen sind in Folge besonders klein und wiegen weniger als ihre „Original“-Vorfahren. Natürlicherweise können besonders winzige Exemplare bei allen kleinen Hunderassen vorkommen, jedoch werden diese Tiere von seriösen Züchter*innen nicht zur Weiterzucht zugelassen, da das Risiko genetisch-bedingter Einschränkungen und Krankheiten zu hoch ist. Schon bei der Geburt kann es für das Muttertier zu Schwierigkeiten kommen, denn die Köpfe der ungeborenen Welpen sind häufig so dick, dass sie nicht durch den Geburtskanal passen und ein Kaiserschnitt notwendig wird. Da nicht alle Organe so wie z.B. das Gehirn sich ohne weiteres „kleinzüchten“ lassen, leiden viele Teacup-Hunde an einem sogenannten Wasserkopf, bei dem die Flüssigkeitsräume des Gehirns krankhaft erweitert sind und auf den Schädelknochen drücken – oft nicht behandelbar, führt diese genetisch-bedingte Erkrankung zum frühzeitigen Tod. Aufgrund des für den Kopf zu großen Gehirns kann es auch vorkommen, dass die sogenannte Fontanelle (eine natürliche Knochenlücke am Schädel, welche normalerweise eigenständig nach der Geburt zuwächst) sich bei diesen Hunden nicht ganz schließt. Infolge ist das Gehirn an dieser Stelle nur durch Haut und Fell geschützt und schon ein kleiner Schlag auf den Kopf kann den Hund das Leben kosten. Die großen Augen in dem kleinen Gesicht sind oft ungenügend geschützt, was zu Hornhautverletzungen und Augeninfektionen führen kann.

Mehr dazu lesen Sie auch hier: https://welttierschutz.org/teacup-hunde/

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Generalisiert: Shar-Pei, Basset und Bluthund
  • Teilweise: Pekinese und Toy Spaniel

Übermäßige Hautfaltenbildung kann teilweise oder überall (generalisiert) in Erscheinung treten. Die betroffenen Tiere weisen eine Disposition zu Hauterkrankungen wie Mucinosen (teigige Konsistenz der Haut) und entzündlichen Veränderungen der Haut auf, infolge derer es zu sekundären Hautveränderungen wie Haarausfall, Pusteln, Hautrötung und Verhornung der Haut kommen kann, die mit starkem Juckreiz und oftmals einem unangenehmen Geruch verbunden sind.

weitere Defektmerkmale – vornehmlich bei Katzen:

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • Scottish Fold, American Curl, Highland Fold, Pudelkatze, Weitere Rassen: Chinese Sumxu Loop, Elf Cat, Exotic Fold, Foldex, Hemingway Sphynx, Krinkle, Oriental Fold (Mallorcean), Poodle Cat, Poodlekin, Ragafold, Scaffodoll, SiaFold,  Ukrainian Levkoy Cat

Gefaltete Ohrmuscheln sind das äußerliche Zeichen dafür, dass die betroffene Katz eine genetische Mutation aufweist, die die Entwicklung des Knorpels beeinflusst. Das zeigt sich am Offensichtlichsten in der Faltung des Ohrknorpels, sodass sich die Ohren nach vorne beugen und ihre physiologische Aufrechtstellung verlieren. Das verleiht der Rasse ihr charakteristisches Aussehen.

Der genetische Defekt, der die Anomalie des Ohrknorpels verursacht, ruft allerdings auch schwere Fehlbildungen des Knorpelgewebes an den Knochen hervor. Die Folge bei allen Katzen mit gefalteten Ohren sind eine fehlerhafte Knochenentwicklung und schwere Knochen- und Knorpelanomalien. Daraus entwickelt sich unter anderem sehr wahrscheinlich eine schwere und schmerzhafte Arthritis bei den Katzen.

Dies kann zur Folge haben, dass die Knochen am Schwanz, Vorder- sowie Hinterfußwurzelknochen und Knien verschmelzen. Klinisch äußert sich dies in Bewegungsunlust, Haltungs- und Gangstörungen, Lahmheit, Schwierigkeiten beim Springen und kurzen, missgebildeten Gliedmaßen sowie einem verdickten, unbeweglichen Schwanz. Im schlimmsten Fall sind die betroffenen Katzen nicht mehr in der Lage zu gehen.

Ebenso ist die Funktionalität der Ohren eingeschränkt (u. a. Verluste des Hörvermögens, Probleme bei der sozialen Kommunikation durch Ohrenstellung).

Aus tierärztlicher Sicht sind Katzen mit den beschriebenen Defekten/ Syndromen in Deutschland gemäß §11b TierSchG als Qualzucht einzuordnen, siehe auch QUEN-Merkblatt: https://qualzucht-datenbank.eu/?s=katzen+ohren

Eine weitere autosomal-dominant vererbte Krankheit ist die Polyzystische Nierenerkrankung (PKD). Hierbei handelt es sich um eine genetisch bedingte Zystenbildung in Leber, Bauchspeicheldrüse und vor allem den Nieren, die unbehandelt zum Tod führen kann. Eine Diagnose kann frühestens in einem Alter von acht Monaten durch einen Ultraschall gestellt werden. Eine Therapie, die die Krankheitsursache behandelt, ist derzeit nicht verfügbar.

Symptomatische Therapien können, wenn frühzeitig eingesetzt, lebensverlängernd wirken.

Bei beispielsweise welchen Rassen liegt eine Disposition vor?

  • British Kurzhaar, Perserkatzen, Himalaya, Siam, Ragdoll, Europäisch, Britisch, Exotisch und Amerikanisch Kurzhaar, Selkirk Rex, Scottish Fold

Einige Katzenrassen zeigen vermehrt eine erblich bedingte, hypertrophe Kardiomyopathie (HCM). Hierbei handelt es sich um eine Herzerkrankung, bei der sich der Herzmuskel verdickt und somit das Herz in seiner Funktion eingeschränkt ist.

Man unterscheidet zwischen einer primären HCM, die auf einem Gendefekt basiert, und einer sekundären HCM, die aufgrund anderer systemischer Erkrankungen der Katzen vorliegen kann.

Entwickelt sich die HCM, hat sie unbehandelt einen progressiven Verlauf bis hin zum Tod durch Kammerflimmern und Herzrhythmusstörungen (plötzlicher Herztod), Herzversagen mit Entwicklung von Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge und/oder der Pleura oder durch Thrombenbildung. Bis zu einem Alter von ca. 5 Jahren kann die Veranlagung zu dieser Krankheit durch klinische Untersuchungen nicht ausgeschlossen werden.

Bei welchen Rassen kommt dies gehäuft vor?

  • British Kurzhaar, Maine-Coon-Katzen, Perser, Ragdoll

Weitere Informationen finden Sie auch hier: https://welttierschutz.org/qualzucht-der-trend-zu-kranken-katzen/. 

Häufige Defektmerkmale bei Kleintieren, die Sie kennen sollten

… aus der Gruppe der Widderkaninchen – auch als „Schlappohr-Kaninchen“ bekannt – haben dem Rassestandard nach besonders stark hängende Ohren. Dadurch steigt die Gefahr von Ohrenzündungen, Taubheit sowie Einschränkungen des Sichtfeldes, welches starke Auswirkungen auf das Verhalten haben können. Große Kaninchenrassen wie Deutsche Riesen tendieren hingegen aufgrund des hohen Gewichtes zu Sohlengeschwüren, Kreislaufstörungen und durch die starke Gelenkbelastung zu Arthrose. Langhaarrassen, wie beispielsweise Angorakaninchen, neigen zu verschiedenen Magen-Darm-Krankheiten, Hitzestau und können durch die Menge ihres Fells in ihren Bewegungen eingeschränkt sein.

… wie etwa Kanarienvögel werden mit extra langem Hals und federlosen oder aber besonders stark befederten Körperteilen gezüchtet – Flugunfähigkeit, Sichtbehinderungen und Gleichgewichtsstörungen können die Folge sein.

… Kropftauben können aufgrund ihres groß gezüchteten Kropfes unter Kropfentzündungen leiden und potentiell in Folge des Reißen des Kropfes versterben.

… wie Schlangen etwa werden die Schuppenfarbe und das Muster sowie die Größe des Tieres durch die Zucht oft stark verändert. Auch Defektzüchtungen mit dem Ziel nach schuppenlosen Tieren nehmen zu. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Schuppen den Tieren nicht nur zur Tarnung, sondern auch zur Thermoregulation, zum mechanischen Schutz und zur Fortbewegung dienen. Veränderungen können zu Krankheiten, Verletzungen und auch zu Verhaltensstörungen führen.

Einige von Defektzucht betroffenen Fische können aufgrund von Veränderungen der Flossen, des Skeletts und manchmal sogar der inneren Organe nicht mehr richtig schwimmen. So wurde etwa dem Berliner Guppy ein lebenslanges, ungebremstes Flossenwachstum angezüchtet. Die Folge ist, dass sich die Tiere im ausgewachsenen Zustand nur noch durchs Wasser „schlängeln“ können. Ein weiteres Beispiel ist der Goldfisch-Löwenköpfchen, bei ihm liegen starke Wucherungen der Oberhaut im Kopfbereich vor, die unter anderem das Sichtfeld stark einschränken können und zudem verletzungsanfällig sind. In den Nischen und Höhlungen, die oftmals mit Schleim gefüllt sind, siedeln sich zudem häufig Ektoparasiten an.

Defektmerkmale bei Nutztieren, die Sie kennen sollten

Bei Nutztieren wird die Qualzucht insbesondere mit dem Ziel der Leistungssteigerung betrieben.

Die Zucht auf einseitige Höchstleistung ist bei Milchrindern und Fleischrindern stark ausgeprägt und generiert so Qualzuchten. Die Tiere sind häufig von leistungsbedingten Gesundheitsstörungen und Verhaltenseinschränkungen betroffen.

  • Die Zucht auf Höchstleistungen bei Milchkühen – die Tiere produzieren heute mit 40 bis 50 Litern täglich mehr als doppelt so viel Milch als noch vor 50 Jahren – ist mit drastischen Konsequenzen für die Gesundheit der Tiere verbunden. Die für die Produktion derartiger Milchmengen benötigte Energie übertrifft bei weiten das, was der tierische Organismus allein mit einer artgerechten natürlichen Fütterung zu leisten fähig wäre. Daher werden die Tiere mit speziellen Kraftfutterzusätzen gefüttert durch die sie etwa 50.000 Kalorien am Tag zu sich nehmen. Die extreme Dauerbelastung führt häufig zu Euterentzündungen, Klauenerkrankungen, Gebärmutterentzündungen, Fruchtbarkeits- und Stoffwechselstörungen. Aufgrund dieser Erkrankungen erreichen viele Hochleistungskühe nur einen Bruchteil ihrer natürlichen Lebenserwartung.
  • Fleischrinder neigen aufgrund der Zucht auf großen Fleischansatz und dem damit verbundenen hohen Gewicht häufig zu Klauengeschwüren. Tierschutzprobleme gibt es insbesondere bei der Rasse Weißblaue Belgier: Bei diesen Tieren wird gezielt auf einen Gendefekt selektiert, durch den die natürliche Begrenzung des Muskelaufbaus ausgeschaltet wird. Aufgrund des bereits bei den Kälbern extremen Körpergewichts müssen diese oft per Kaiserschnitt geboren werden.

Auch Puten und Hühner ereilen besonders schmerzhafte Zuchtdefekte: Durch die erhöhte Legeleistung der Legehennen bzw. die gezwungene Gewichtszunahme bei Masthühnern und -puten können Knochen und Organe geschädigtwerden – eine große Zahl der Masthühner leidet unter Skelettschäden, Knochendeformationen und Herzerkrankungen.

Bei Schweinen führt die schnelle Gewichtszunahme – 100 Kilogramm in sechs Monaten – häufig zu Entzündungen der Knochen und Gelenke sowie zu Kreislaufbeschwerden und Stoffwechselstörungen.

Viele Tiere leiden unter zuchtbedingten Krankheiten aufgrund der Umgestaltung ihrer Körperteile. Die betroffenen Tiere leben nicht nur mit Schmerz und Einschränkungen, sondern weisen häufig auch Erkrankungen auf, die ihr Sozialleben maßgeblich einschränken oder frühzeitig zum Tod führen können.

Die WTG fordert: Das Wohl der Tiere in den Mittelpunkt

Unsere Forderungen richten sich an:

… die Gesetzgebung:

Solange es an einer rechtlich bindenden Konkretisierung von Qualzucht fehlt, wird sich an den oft tierquälerischen Zuständen nichts ändern. Eine Neuregelung, die im Zweifel für das Tier entscheidet, muss helfen, dass durch Qualzucht bewusst erzeugtes Leid verhindert wird. Die Gesetzgebung ist entsprechend angehalten, die Wissenschaft dabei zu fördern, eine Defektmerkmal-orientierte Definition von Qualzucht zu erarbeiten, aus der dann Zuchtverbote oder Anpassungen der Zuchtstandards im Sinne des Tierwohls resultieren.

In Bezug auf bestimmte Rassen mit Defektmerkmalen müssen wir schon jetzt davon ausgehen, dass die Einzeltiere Qualzuchten sein können. Insbesondere Tiere, bei denen entsprechende Defekte sichtbar ausgeprägt sind oder genetisch nachgewiesen werden können, sollten deshalb unmittelbar und konsequent von der Zucht, Werbung und unkritischen Darstellung etwa in sozialen Netzwerken ausgeschlossen werden.

… die Zuchtverbände und Züchter*innen:

Züchter*innen sollten die gezielte Entstehung und Vermehrung von Qualzuchten verhindern. Dies betrifft auch die derzeit gerne propagierten Rückzuchten oder gezielte Mischzuchten einiger Rassen, da auch hier nicht sichergestellt werden kann, dass die Zwischengenerationen frei von Leiden sein werden. (Siehe auch: Gutachten zur Frage, ob Verstöße gegen das Qualzuchtverbot nach § 11b Abs. 1 TierSchG tatbestandlich ausgeschlossen oder gerechtfertigt sein können, wenn bezweckt ist, als Endresultat – d. h. nach mehreren Zuchtgenerationen – schmerz-, leidens- und schadensfrei lebensfähige Nachkommen zu erzielen: https://qualzucht-datenbank.eu/wp-content/uploads/2021/10/Ergaenzungsgutachten-Cirsovius-30.09.2021.pdf). Grundsätzlich gilt es, nur mit gesunden Tieren und keinen Individuen einer Rasse mit Defektmerkmalen zu züchten, deren Zuchtstandards Leiden und Schmerzen zur Folge haben können.

… (potentielle) Tierhalter*innen und Verbraucher*innen:

Wir wünschen uns: Rücken Sie das Wohl des Tieres in den Mittelpunkt Ihrer Entscheidung bei der Wahl für eine bestimmte Rasse oder ein bestimmtes Tier. Die Tierzucht ist stark von der Kund*innennachfrage beeinflusst und kann daher auch dadurch geleitet werden, dass fortan gezielt Gesundheit über Aussehen und/oder Leistung gestellt wird!

Im Hinblick auf Qualzucht von Nutztieren sollte es des Weiteren allen Verbraucher*innen bewusst sein, dass durch das eigene Kaufverhalten unter Umständen Tierleid billigend in Kauf genommen und die Qualzucht in der Nutztierhaltung gar unterstützt wird. Verbraucher*innen sollten daher unbedingt auch eigenständig recherchieren und sich informieren.

… von sozialen Netzwerken und seinen Nutzer*innen:

Zahlreiche Werbetreibende und relevante Nutzer*innen-Profile in sozialen Netzwerken setzen Qualzuchten als Werbegesichter auf Plakaten oder Anzeigen ein. Besonders häufig werden die vermeintlich niedlichen Tiere auch von Tierhalter*innen dargestellt, um Reichweite zu gewinnen –  dabei beliebt sind brachyzephale oder zwergwüchsige Tiere, die etwa durch die großen „Kulleraugen“ oder die platten Nasen das Kindchenschema verkörpern. Durch diese unkritische Darstellung von Qualzuchten wird unserer Ansicht nach das mit der Qualzucht verbundene Tierleid verharmlost und der gefährliche Trend maßgeblich befördert. Wir fordern deshalb auch die sozialen Netzwerke auf, konsequenter gegen die unkritische Darstellung von Tierleid wie (potentiellen) Qualzuchten vorzugehen. Unsere Forderung an die Betreiber*innen der Netzwerke können Sie hier mit Ihrer Petitions-Unterschrift stärken: https://welttierschutz.org/tierleid-stoppen/.

Konkrete Forderungen an Halter*innen von Tieren, die (potentielle) Qualzuchten sind, lesen Sie auch hier: https://welttierschutz.org/unkritische-darstellung-von-qualzucht/.

Und auch von Seiten der Nutzer*innen sozialer Netzwerke muss der Umgang mit und die Reaktion auf Qualzuchten überdacht werden. Inhalte, die (potentielle) Qualzucht unkritisch darstellen, sollten ignoriert und konsequent den Moderator*innen-Teams gemeldet werden. Wie Sie dabei in sozialen Netzwerken vorgehen sollten, zeigt unser Leitfaden.

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