Qualzucht im Fokus: Der Mops
Der Mops ist wahrscheinlich eine der kontroversesten Hunderassen. Kaum eine andere Rasse ist so beliebt und umstritten zugleich. Obwohl die vielfältigen möglichen gesundheitlichen Einschränkungen der Tiere mittlerweile so manchen Menschen bekannt sein dürften, nimmt seine Popularität nicht ab. Wir haben uns auf die Spuren dieser seit jeher gefragten Rasse gemacht – rückblickend vom heutigen Standardmops mit all seinen gesundheitlichen Problemen bis in seine Ursprünge in China.
Ein Leben als Mops ist möglich, aber qualvoll…
Um mit Loriots bekanntem Zitat in zeitgemäßer Form zu beginnen. Gewiss spielt der Mops seit Langem eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft und, wenn man den Legenden Glauben schenkt, auch in der europäischen Geschichte. Doch was die Zucht im Laufe der Jahrhunderte aus ihm gemacht hat, berechtigt heute aus Tierschutzsicht zu Sorgen:
Bei der Haustierzucht wurde zunehmend auf vermeintliche Schönheitsideale gezüchtet, die maßgebliche Folgen für die Gesundheit und das artgerechte Verhalten der Tiere haben. Doch das war nicht immer so …
Der Mops: Seit Jahrhunderten ein Teil unseres Lebens
Der Mops ist schon lange ein gesellschaftlich relevantes Geschöpf: Er ist in Gemälden verewigt und in Legenden und Geschichten wiederzufinden. Ihm wurden sogar Denkmäler gesetzt. Die Popularität kommt nicht von ungefähr. Beispielsweise soll laut Legende ein Mops 1570 das Leben des Prinzen Wilhelm I. von Oranien im Heerlager gerettet haben, indem er mit lautem Gebelle alle alarmierte, als sich spanische Attentäter ins Lager schlichen.
Der Ursprung der Rasse ist hingegen nicht ganz geklärt. Mit großer Wahrscheinlichkeit aus China stammend, wird davon ausgegangen, dass der Mops seit dem 15. Jahrhundert in Europa zu finden ist, nachdem er von niederländischen Geschäftsleuten mitgebracht wurde. Damals existierten vermutlich ausschließlich hellfarbige Tiere.
”A favourite Pug bitch”, Gemälde aus dem Jahre 1802 von Henry Bernard Chalon / © Wikimedia Commons
In China wurden schon über Jahrhunderte kleine Hunde mit gekürzter Schnauze gezüchtet, welche als Vorfahren des heutigen Mopses bezeichnet werden. Diese Rasse trug den Namen „Lo-chi-ang-sze“ oder auch „Lo-sze“. Der heutige Name „Mops“ entwickelte sich nachdem die Rasse Europa erreichte und entspricht dem niederländischem Wort „moppern“, was so viel bedeutet wie ‚brummende Geräusche von sich geben‘ oder ‚grunzen‘. Auch aus dem Germanischen lässt sich eine Verbindung zu dem Namen finden: „mup“ war das Wort für ‚Gesicht verziehen‘ oder ‚Fratzen schneiden.
Über Jahrzehnte war der Mops ein Luxusgeschöpf und ausschließlich auf Fürstenhöfen zu finden. Als im 17. Jahrhundert die „Chinoiserie“ – die sich an chinesischen oder anderen ostasiatischen Vorbildern orientierende Kunst – Mode wurde, erlebte die Rasse einen Aufschwung und erreichte die Blütezeit. Die Hunde galten von nun als Kostbarkeit und wurden mit Sorgfalt gezüchtet – und von eigens dafür ausgebildeten Personen überwacht. Weder als Jagd- noch als Wachhund vorgesehen, wurden die Tiere von ihren Besitzern verwöhnt und bekamen alsbald den Ruf faul und gefräßig zu sein. Manch einer sagte auch, es sei eine Rasse, die zu nichts zu gebrauchen ist, weshalb die Popularität plötzlich stark abnahm.
Erst ab dem 19. Jahrhundert nahm die Nachfrage nach Möpsen im „normalen“ Volk wieder zu. Um die Nachfrage befriedigen zu können, wurden einzelne Möpse schon früh mit anderen Kleinhundrassen, beispielsweise Pekinesen, gekreuzt – zum Leid der Tiere. Denn dies führte zum eigentlichen Verlust des Aussehens und den massiven gesundheitlichen Problemen, mit denen die Rasse bis heute belastet ist.
Ansprüche an den Mops im Wandel der Zeit
”Mops in Brehms Tierleben” aus dem Jahre 1927 von Gustav Mützel / © Wikimedia Commons
Der Mops im 19. Jahrhundert unterscheidet sich stark von dem heute in Deutschland gültigen Rassestandard. Im Vergleich zum „Mops von heute“ mit rundem Kopf und stumpfem Körper, war er früher hochbeiniger, mit einer längeren Schnauze und tiefliegenden Augen. Die Rassemerkmale waren ein gesunder Knochenbau, ein kurzes Haarkleid mit elastischer Haut und ein flaches Gesicht mit quadratischem Fang und Faltenbildung der Stirnhaut.
Der Mops heute: Die Rassestandards machen ihn zu einer Rasse mit Defektmerkmalen
Der heutige Standard des „Verbandes für das Deutsche Hundewesen“ definiert die Anforderungen an das Erscheinungsbild wie folgt:
- „Ausgesprochen quadratisch und gedrungen, er ist ein «Multum in Parvo» (=viel Masse in kleinem Raum), was sich durch kompakte, straff-gedrungene Proportionen und Festigkeit der Muskulatur ausdrückt“.
Die Folge sind massive Defektmerkmale, in deren Folge das Tier viele gesundheitliche Probleme aufweisen kann, die seine Lebensqualität stark einschränken und zu einem frühen Tod führen können.
Das Dilemma des heutigen Mops beginnt oft schon bei der Geburt: Denn die Köpfe der ungeborenen Jungen sind so dick, dass sie häufig nicht durch den Geburtskanal passen und nur per Kaiserschnitt entbunden werden können. Eine Studie in England belegte, dass fast 30 Prozent der Mops-Würfe aus diesem Grund die Hilfe der Tierärztin/des Tierarztes benötigten.
Bei Tieren mit gekürzter Nase, auch brachyzephal genannt, lassen die feinen Lamellen der Nasenmuscheln kaum noch Luft durchströmen, was dann in jeder Lebenslage für Komplikationen sorgen kann: Die einzelne Lamelle bei einem 10 Kilogramm schweren Mops ist im Vergleich doppelt so dick wie die eines 40 Kilogramm schweren Schäferhundes. So kann bei Anstrengung, Stress und warmen Temperaturen ein erhöhtes Risiko auf einen Hitzeschlag bestehen, da die Tiere ihre Körpertemperatur durch Hecheln nicht genug regulieren können.
Erschreckend: Eine 2012 durchgeführte Befragung der Klinik für Kleintiere der Universität Leipzig unter 62 Halter*innen von Hunden mit Brachyzephalie bestätigte das! Diese ergab, dass über die Hälfte der Hunde Atemprobleme beim Schlafen hätten, da sie im Liegen keine Luft bekämen und unter Erstickungsanfälle litten – 24 Prozent der Tiere versuchten daher im Sitzen zu schlafen. 77 Prozent hätten Probleme beim Fressen, gut die Hälfte erbrechen sich mehr als einmal am Tag und jeder dritte Hund ist schon einmal aufgrund von Atemnot umgefallen.
- Hinweis: Das Qualzucht-Evidenz-Netzwerk QUEN ordnet mit den beschriebenen Defekten / Syndromen in Folge der Brachyzephalie in Deutschland gemäß §11b TierSchG als Qualzucht ein, siehe: https://qualzucht-datenbank.eu/2021/09/23/merkblatt-hund-brachycephalie/.
Weiter können Möpse aufgrund ihrer hervorquellenden Augen Hornhautentzündungen entwickeln und es kann sogar passieren, dass das Auge (beispielsweise beim Spielen) herausfällt.
Bluthochdruck, Zahn- und Herzprobleme und Hautfalten-Dermatitis sind weitere typische Leiden des heutigen Standardmopses.
Den Grund für diese Art von Zucht kann man laut Forschung auf das sogenannte Kindchen-Schema zurückführen. Große Augen und Stupsnase in einem runden Gesicht, tollpatschige Tendenzen und eine hilfesuchende Art rufen bei uns Menschen fürsorgliche Gefühle aus.
Der Mensch stellt also am Beispiel des Mops eigene Ideale über die Gesundheit des Tieres – ist das irreversibel?
Rückzüchtungen: Leiden auch Retromöpse?
Seit 2006 folgen immer mehr Züchter*innen dem Trend der Retromops-Zucht. Dabei handelt es sich um einen Zuchtansatz zwischen Parson Russel Terrier und Mops, dessen Erscheinungsbild an den Mops vor dem 19. Jahrhundert erinnert. Die Extreme des heutigen Mopses sollen dabei zurückgezüchtet werden: So sollen die Tiere wieder den hochbeinigeren Körper haben, außerdem eine längere Nase und dadurch eine weitaus bessere Atmung und ein geringeres Risiko für Krankheiten.
Im Gegensatz zum „Standard-Mops“ können Retromöpse in der Regel ihren Aktivitäten müheloser nachgehen und sind durch die verbesserte Nase auch zu einer Thermoregulation fähiger. Sie können längere Strecken laufen ohne in Sauerstoffnot zu geraten.
Vergleich Mops 2003 zu 1927, von Anka Friedrich / © Wikimedia Commons
Und dennoch: Auch Rückzuchten oder gezielte Mischzuchten von Rassen mit Defektmerkmalen wie Möpsen sind unserer Ansicht nach aus Tierschutzsicht abzulehnen, da nicht sichergestellt werden kann, dass die Zwischengenerationen frei von Leiden sein werden. (Siehe auch: Gutachten zur Frage, ob Verstöße gegen das Qualzuchtverbot nach § 11b Abs. 1 TierSchG tatbestandlich ausgeschlossen oder gerechtfertigt sein können, wenn bezweckt ist, als Endresultat – d. h. nach mehreren Zuchtgenerationen – schmerz-, leidens- und schadensfrei lebensfähige Nachkommen zu erzielen: https://qualzucht-datenbank.eu/wp-content/uploads/2021/10/Ergaenzungsgutachten-Cirsovius-30.09.2021.pdf)
Teil des Problems: Die unkritische Darstellung!
Unter Hashtags wie #mops und #puglove, bei Instagram, Facebook oder Twitter: Millionenfach werden in sozialen Netzwerken Videos und Bilder vom Mops geliked, kommentiert und begeistert geteilt – das ist fatal, weil die fehlende Nennung der sichtbaren und potentiellen Defektmerkmale ausbleibt und so das immense Leid der Tiere verharmlost wird. Statt mit Jubel und Berühmtheit in den sozialen Netzwerken sollte die Thematik konsequent kritisch dargestellt werden.
#StopptTierleid: Keine Likes für Leid
Wir appellieren im Rahmen unserer Kampagne „Stoppt Tierleid in den sozialen Netzwerken“ an alle Halter*innen von Tieren, die eine Qualzucht sind oder einer Rasse mit Defektmerkmalen angehören, sich mit der Thematik in ihren Beiträgen kritisch auseinanderzusetzen. Dazu zählt, dass alle Inhalte mit den entsprechenden Tieren einen kritischen Hinweis enthalten sollten, der über die (potentiellen) Krankheiten, Qualen, Schmerzen oder Leiden des Tieres und die Problematik der Zucht von Rassen mit Defektmerkmalen informiert. Nur so kann ein Beitrag geleistet werden, damit Qualzucht zukünftig verhindert wird.
Nutzerinnen und Nutzer der Netzwerke, die Inhalte mit potentiellen Qualzuchten oder Tieren einer Rasse mit Defektmerkmalen sehen, sollten diese Beiträge nicht liken oder kommentieren.
Jede öffentliche Reaktion verschafft dem Inhalt weitere Reichweite. Melden Sie stattdessen den Beitrag konsequent den Moderator*innen-Teams.
Bei Unsicherheit, ob es sich beim dargestellten Tier um eine Qualzucht handelt, sollte unserer Ansicht nach im Zweifel für das Tier entschieden werden: Zeigt das Tier sichtbare Defektmerkmale wie im Folgenden erläutert oder zählt es zu einer Rasse mit Defektmerkmalen und könnte potentiell (auch nicht sichtbar) die genetische Veranlagung für Defektmerkmale tragen, ist die einzig richtige Reaktion dieselbe: #KeineLikesFürTierleid – und konsequent melden.
Jetzt Petition unterschreiben!
Stärken Sie unsere Forderungen an die sozialen Netzwerke und die Bundesregierung: Für ein Stopp von Tierleid-Inhalten!
Die WTG fordert: Das Wohl der Tiere in den Mittelpunkt
Unsere Forderungen richten sich an:
… die Gesetzgebung:
Solange es an einer rechtlich bindenden Konkretisierung von Qualzucht fehlt, wird sich an den oft tierquälerischen Zuständen nichts ändern. Eine Neuregelung, die im Zweifel für das Tier entscheidet, muss helfen, dass durch Qualzucht bewusst erzeugtes Leid verhindert wird. Die Gesetzgebung ist entsprechend angehalten, die Wissenschaft dabei zu fördern, eine Defektmerkmal-orientierte Definition von Qualzucht zu erarbeiten, aus der dann Zuchtverbote oder Anpassungen der Zuchtstandards im Sinne des Tierwohls resultieren.
In Bezug auf bestimmte Rassen mit Defektmerkmalen müssen wir schon jetzt davon ausgehen, dass die Einzeltiere Qualzuchten sein können. Insbesondere Tiere, bei denen entsprechende Defekte sichtbar ausgeprägt sind oder genetisch nachgewiesen werden können, sollten deshalb unmittelbar und konsequent von der Zucht, Werbung und unkritischen Darstellung etwa in sozialen Netzwerken ausgeschlossen werden.
… die Zuchtverbände und Züchter*innen:
Züchter*innen sollten die gezielte Entstehung und Vermehrung von Qualzuchten verhindern. Dies betrifft auch die derzeit gerne propagierten Rückzuchten oder gezielte Mischzuchten einiger Rassen, da auch hier nicht sichergestellt werden kann, dass die Zwischengenerationen frei von Leiden sein werden. (Siehe auch: Gutachten zur Frage, ob Verstöße gegen das Qualzuchtverbot nach § 11b Abs. 1 TierSchG tatbestandlich ausgeschlossen oder gerechtfertigt sein können, wenn bezweckt ist, als Endresultat – d. h. nach mehreren Zuchtgenerationen – schmerz-, leidens- und schadensfrei lebensfähige Nachkommen zu erzielen: https://qualzucht-datenbank.eu/wp-content/uploads/2021/10/Ergaenzungsgutachten-Cirsovius-30.09.2021.pdf). Grundsätzlich gilt es, nur mit gesunden Tieren und keinen Individuen einer Rasse mit Defektmerkmalen zu züchten, deren Zuchtstandards Leiden und Schmerzen zur Folge haben können.
… (potentielle) Tierhalter*innen und Verbraucher*innen:
Wir wünschen uns: Rücken Sie das Wohl des Tieres in den Mittelpunkt Ihrer Entscheidung bei der Wahl für eine bestimmte Rasse oder ein bestimmtes Tier. Die Tierzucht ist stark von der Kund*innennachfrage beeinflusst und kann daher auch dadurch geleitet werden, dass fortan gezielt Gesundheit über Aussehen und/oder Leistung gestellt wird!
Im Hinblick auf Qualzucht von Nutztieren sollte es des Weiteren allen Verbraucher*innen bewusst sein, dass durch das eigene Kaufverhalten unter Umständen Tierleid billigend in Kauf genommen und die Qualzucht in der Nutztierhaltung gar unterstützt wird. Verbraucher*innen sollten daher unbedingt auch eigenständig recherchieren und sich informieren.
… von sozialen Netzwerken und seinen Nutzer*innen:
Zahlreiche Werbetreibende und relevante Nutzer*innen-Profile in sozialen Netzwerken setzen Qualzuchten als Werbegesichter auf Plakaten oder Anzeigen ein. Besonders häufig werden die vermeintlich niedlichen Tiere auch von Tierhalter*innen dargestellt, um Reichweite zu gewinnen – dabei beliebt sind brachyzephale oder zwergwüchsige Tiere, die etwa durch die großen „Kulleraugen“ oder die platten Nasen das Kindchenschema verkörpern. Durch diese unkritische Darstellung von Qualzuchten wird unserer Ansicht nach das mit der Qualzucht verbundene Tierleid verharmlost und der gefährliche Trend maßgeblich befördert. Wir fordern deshalb auch die sozialen Netzwerke auf, konsequenter gegen die unkritische Darstellung von Tierleid wie (potentiellen) Qualzuchten vorzugehen. Unsere Forderung an die Betreiber*innen der Netzwerke können Sie hier mit Ihrer Petitions-Unterschrift stärken: https://welttierschutz.org/tierleid-stoppen/.
Konkrete Forderungen an Halter*innen von Tieren, die (potentielle) Qualzuchten sind, lesen Sie auch hier: https://welttierschutz.org/unkritische-darstellung-von-qualzucht/.
Und auch von Seiten der Nutzer*innen sozialer Netzwerke muss der Umgang mit und die Reaktion auf Qualzuchten überdacht werden. Inhalte, die (potentielle) Qualzucht unkritisch darstellen, sollten ignoriert und konsequent den Moderator*innen-Teams gemeldet werden. Wie Sie dabei in sozialen Netzwerken vorgehen sollten, zeigt unser Leitfaden.
++ Der Welttierschutzgesellschaft e.V. weist darauf hin, dass dieser Artikel mit größter Sorgfalt recherchiert und erstellt wurde. Die Inhalte und Links werden allerdings nicht stetig aktualisiert und beziehen sich grundsätzlich immer auf den Stand der Recherche zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Wenn Sie Anregungen oder Bemerkungen zum Artikel haben, nehmen Sie bitte mit uns Kontakt via info@welttierschutz.org Kontakt auf. ++