Ein Jahr Coronavirus: Welche Folgen hat die Pandemie für den Tierschutz?
Ein Jahr ist es her, dass der so genannte „Patient Null“ im chinesischen Wuhan Corona-Symptome entwickelte. Zuvor war das Virus vermutlich auf einem Wildtiermarkt vom tierischen Wirt auf den Menschen übertragen worden und erreichte dann nach und nach fast alle Länder der Welt. Die Folgen für den internationalen Tierschutz sind immens und für uns Anlass, eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Schuppentier und Wildtierhandel
Die Suche nach den Ursprüngen des Virus hat schlagartig bislang eher wenig beachtete Tierarten weltweit bekannt gemacht. Bemerkenswert ist die Aufmerksamkeit für die Schuppentiere (Pangoline), die kurz nach Beginn der Pandemie in Verdacht gerieten, der Zwischenwirt für die Übertragung des Virus auf den Menschen zu sein. Die Beachtung der durch den illegalen Wildtierhandel so stark bedrohten Tiere war längst überfällig, auch wenn sich der Verdacht bis heute nicht ausreichend prüfen ließ. Was aber trotzdem zu unserer Erleichterung folgte, waren längst überfällige gesetzgeberische Aktivitäten z.B. in Ländern wie China und Vietnam, die den Schutz der Wildtiere endlich verstärken sollen. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um die Jagd auf Schuppentiere zu bremsen oder gar zu beenden, wird in den nächsten Jahren über die Zukunft der Tiere entscheiden.
Zoonosen und One Health
Die Gefahr neuartiger Erkrankungen wie Covid-19 war Expert*innen aus Wissenschaft sowie internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation bekannt. Schon lange haben auch wir vor dem Entstehen neuer Zoonosen gewarnt – also vor Krankheiten, die zwischen Tieren und Menschen wechselseitig übertragbar sind. Grund für diese Sorgen war und ist der verheerende Umgang des Menschen mit Tieren und Natur, der das Risiko der Virusübertragung zwischen den Arten erhöht hat. Beispiele hierfür sind der Wildtierhandel und die zunehmende Zerstörung von Lebensräumen. Gewilderte Tiere, die auf Märkten zum Verzehr angeboten werden, sind in dieser Pandemie zum Symbol für die Gefahr von Zoonosen geworden.
Auch das Sars-Cov-2-Virus ist nach Kenntnis der Wissenschaft eine Zoonose. Der Schrecken der aktuellen Corona-Pandemie sollte Warnung und zugleich Anstoß sein, schnellstmöglich einen neuen Weg in unserem Umgang mit Natur und Tieren einzuschlagen – hin zu einem nachhaltigen und gesunden Zusammenleben.
Bemerkenswert und Hoffnung bringend ist die jetzt wachsende internationale Aufmerksamkeit für den „One Health“-Ansatz, in dessen Zuge auch das Tierwohl weltweit gestärkt werden muss. Eine umfassende Verbesserung der Lebensbedingungen der Tiere, wie wir sie in unseren Projekten anstreben und für die breite Umsetzung des „One Health“-Ansatzes fordern, ist somit auch ein wichtiger Beitrag, künftige Zoonosen zu verhindern. Lesen Sie hier mehr über unsere Forderungen an das Entwicklungsministerium für eine tiergerechte Umsetzung des „One Health“-Ansatzes.
Tiere in der Coronakrise: Zwischen Boom und Verzweiflung
Die Auswirkungen der Coronakrise auf Tiere, die im direkten Umfeld der Menschen leben, sind international sehr unterschiedlich. In Deutschland, Großbritannien oder den Vereinigten Staaten führt das Plus an verfügbarer Zeit z.B. durch mehr Arbeit im Home-Office dazu, dass sich viele Menschen neue Haustiere anschaffen. Dabei ist aber leider zu befürchten, dass nicht jeder Kauf wohlüberlegt ist und nach der Krise – wenn wieder weniger Zeit zu Hause nötig ist – viele der Tiere in Tierheimen landen.
In vielen anderen Teilen der Welt wurden während der Corona-Pandemie aber auch zahlreiche Falschmeldungen verbreitet – mit schweren Folgen für die Tiere: Weil sie fälschlicherweise hin und wieder als Überträger genannt wurden, häuften sich die Meldungen von ausgesetzten Tieren. In unserem Tierschutzblog räumen wir mit vielen sogenannten „Fake News“ auf und informieren Tierhalter*innen über den aktuellen Stand der Wissenschaft in Bezug auf Tiere und das Coronavirus: https://welttierschutz.org/haustiere-coronavirus/.
Ganz andere Nöte brachte die Krise den Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern wie Südafrika, Indien oder Tansania. Hier waren es die massiven existentiellen Nöte als Folge der Pandemie, weshalb Hunde und Katzen aber auch Nutztiere wie Esel und Rinder massenweise unterversorgt sind oder ausgesetzt werden. Ihren Halter*innen fehlt es schlichtweg an den Mitteln, um noch für die Tiere sorgen zu können. Deshalb sind wir mit unseren Partnern in diesen Ländern derzeit nahezu pausenlos im Einsatz, um notleidende, ausgesetzte Tiere zu versorgen. Der WTG-Nothilfefonds soll diese zusätzliche Hilfe möglich machen: https://welttierschutz.org/wtg-nothilfefonds/
Gemeinnützige Vereine: Weniger Mittel und mehr Arbeit
Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie haben den gemeinnützigen Sektor weltweit vor enorme Herausforderungen gestellt – darunter auch zahlreiche Tierschutzorganisationen in Schwellen- und Entwicklungsländern, mit denen wir bereits seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammenarbeiten. Unverschuldet sind sie in Nöte geraten, da Einnahmen aus Spendenevents, Eintrittsgelder oder Freiwilligenprogrammen weggebrochen sind. Im Bereich der Wildtierschutzprojekte zogen sich außerdem institutionelle Geldgeber aus internationalen Projektförderungen zurück. Hinzu kommt die Mehrbelastung für die lokalen Tierschützer*innen, die ohnehin bereits am Limit ihrer Möglichkeiten arbeiten und nun zum Beispiel mit einer wachsenden Zahl ausgesetzter Haustiere oder unterversorgter Nutztiere konfrontiert sind. All das führt in unseren Einsatzländern – also vor allem Länder, in denen es keine Staatshilfen bei solchen finanziellen Engpässen gibt – dazu, dass die über viele Jahre erreichten Erfolge zur Verbesserung des Tierwohls plötzlich in Gefahr sind. Auch um die Strukturen vor Ort zu erhalten, setzen wir Mittel aus dem WTG-Nothilfefonds ein und versuchen so, eine Fortsetzung der wichtigen Tierschutzarbeit trotz größter Nöte sicherzustellen.
Sorgen und Chancen
Ob die Coronakrise den weltweiten Tierschutz langfristig sogar stärkt oder größere Rückschritte drohen, ist derzeit offen. Entscheidend wird sein, ob die richtigen Lehren aus der Krise gezogen werden.
War die Corona-Pandemie Warnung genug, dass weltweit endlich entschieden gegen die weitere Ausbeutung und Quälerei von Millionen von Tieren vorgegangen wird? Wird dem gemeinnützigen Sektor und der Tierschutzarbeit endlich der notwendige Stellenwert zugeschrieben?
Mit unseren Einsätzen in Schwellen- und Entwicklungsländern – und aktuell zusätzlich durch den WTG-Nothilfefonds – werden wir auch im zweiten Jahr der Krise alles tun, um unseren Partnerorganisationen und somit den Tieren weltweit zur Seiten stehen zu können. Diese Unterstützung, liebe Tierfreundinnen und Tierfreunde, ist nur mit Ihnen möglich. Jede Spende hilft, der internationalen Tierschutzarbeit eine Zukunft zu ebnen.
Ihr Beitrag zum WTG-Nothilfefonds
Von ganzem Herzen bitten wir Sie, auch in dieser persönlich so herausfordernden Zeit an der Seite der Tiere zu bleiben – mit Ihrer treuen monatlichen Unterstützung für den WTG-Nothilfefonds!
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