|

Keine Bärengalle zur Behandlung des Coronavirus!

Es war ein vielversprechendes Signal: Die Entscheidung Chinas, den Verzehr und Handel von Wildtieren zu verbieten, hätte das Schicksal der unzähligen vom illegalen Wildtierhandel geplagten Tiere zum Besseren wenden könnte. Doch von Beginn an klammerte das Verbot bestimmte Bereiche wie den medizinischen Einsatz von Tierprodukten aus. Warum? Das offenbart sich nun im Verlauf der Corona-Krise: Chinas Nationale Gesundheitskommission veröffentlichte kürzlich die Empfehlung zur Behandlung des Coronavirus mit Hilfe einer Rezeptur aus der traditionellen Medizin (TCM), die u.a. Bärengalle enthält. Diese wird Kragen- und Malaienbären im Rahmen einer schmerzhaften Prozedur abgezapft – zumeist unter grausamen Bedingungen und bis zu zwei Mal täglich.

Tierleid trotz Alternativen

Eine aktuelle Studie chinesischer Wissenschaftler*innen belegt, dass Rezepturen mit Bärengalle tatsächlich bereits zum Einsatz kommen. In der Publikation wird eine klinische Studie in Guangzhou beschrieben, bei der 72 Patient*innen, die allesamt unter ernsthaften bis schwerwiegenden Folgen des Coronavirus litten, eine so genannte „Tan Re Qing“-Injektion erhielten. Das Mittel, das neben Bärengallepulver auch aus weiteren tierischen und pflanzlichen Inhaltsstoffen besteht, wird in China u.a. auch über Online-Apotheken verkauft.

Als Welttierschutzgesellschaft (WTG) sprechen wir uns deutlich gegen die Nutzung dieses Wildtierproduktes aus. Insbesondere der Einsatz von Mitteln mit Bärengalle, die den Wirkstoff Ursodeoxycholsäure enthalten, ist– unabhängig vom etwaigen medizinischen Nutzen – völlig überflüssig. „Es gibt zahlreiche pflanzliche Alternativen, aber auch synthetisch hergestellte Ursodeoxycholsäure“, erklärt unsere Leiterin für Tierschutzarbeit, Daniela Schrudde. „Der Einsatz des tierischen Produkts ist angesichts des damit verbundenen Tierleids nicht zu rechtfertigen.“

TCM im Aufschwung

China gilt als das Zentrum der Bärengalleindustrie. Berichten zu Folge leben dort ca. 10.000 Bären in Gefangenschaft – viele davon stammen ursprünglich aus der Wildnis. Die Nutzung traditioneller Heilverfahren und der Einsatz tierischer Produkte in der Medizin wird in China von der Regierung seit Jahren vorangetrieben, auch aktuell bei der Behandlung von Corona-Patient*innen. Die Tatsache, dass die Weltgesundheitsorganisation im Vorjahr die Traditionelle Chinesische Medizin in das wichtigste Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen einbezogen hat, könnte diesen Trend noch beschleunigen. „Diese Entwicklungen, die eine Nachfrage nach tierischen TCM-Produkten aufrechterhalten, stehen im deutlichen Widerspruch zum jüngst beschlossenen Handels- und Verzehrverbot von Wildtieren und sie führen dazu, dass der zum Teil illegale Handel mit Wildtierprodukten fortgeführt werden kann“, sagt Daniela Schrudde.

In Nachbarstaaten wie Vietnam ist das Abzapfen von Bärengalle seit 2005 verboten. Seit vielen Jahren setzen wir uns dort dafür ein, dass ehemalige „Galle-Bären“ von Farmen oder aus Privatbesitz in Schutzzentren überführt werden, wo den Tieren nach Jahren der Qual erstmals ein bärengerechtes Zuhause geboten werden kann.

Lesen Sie hier von der Rettung zweier „Galle-Bären“, die erst kürzlich – in Zeiten der Corona-Krise – erfolgreich abgeschlossen werden konnte: https://welttierschutz.org/soforthilfe/gallebaeren-rettung/