Recife: ein Paradies mit Schattenseiten

Mit Spannung erwarten Deutschlands Fußballfans das Duell zwischen Jogi Löw und Jürgen Klinsmann am Donnerstag in der neu erbauten Arena Pernambuco in Recife im Nordosten Brasiliens. Vor und nach dem Spiel amüsieren sich Tausende von Touristen an den weißen 20 Kilometer langen Traumstränden der pernambucanischen Metropole. Doch das Paradies hat seine Schattenseiten.

Seit den 90er Jahren tummeln sich im badewannenwarmen Wasser nicht nur Touristen aus aller Welt sondern auch Haie. 60 Haiangriffe auf Schwimmer und Surfer registrierte die „Strandfeuerwehr“ seit 1992, 24 davon mit tödlichem Ausgang. Bis dato gab es keine nennenswerten Haiattacken an den Stränden von Recife.

Nicht der Hai bedroht den Menschen, sondern der Mensch den Hai.

Haiexperten sind sich einig, dass Menschen normalerweise nicht auf der Speisekarte der Haie stehen. Weltweit werden jährlich etwa 100 Angriffe von Haien gemeldet, davon etwa 20 tödliche Fälle. Erst die massiven Eingriffe in den natürlichen Lebensraum der majestätischen Fische lässt sie zur Gefahr werden. Dann nähern sie sich den Stränden, halten Menschen für Robben oder andere Meerestiere und greifen an.

Bei Recife fließen beispielsweise seit Jahren über den Rio Jaboatao tonnenweise Abwässer ungeklärt in den Ozean, mit dabei blutige Schlachtabfälle: ein Fressen für Haie. Das weite Flussdelta gilt inzwischen als beliebter Laichgrund für Haie. Darüberhinaus wurde in den 80er Jahren südlich der nordbrasilianischen Metropole der Tiefseewasserhafen Porto de Suape gebaut. Über 100.000 Container werden in Suape jährlich umgeschlagen. Riesige Containerschiffe steuern täglich den Hafen an oder laufen aus. Auf der Fahrt entsorgen sie neben diversen Abfällen auch ihre Essensreste im Meer, wiederum leichte Beute für Haie, die im Kielwasser den Frachtschiffen folgen.

Zum Schutz der Hafenanlage wurden auf zehn Kilometern Länge drei Meter hohe Wellenbrecher ins Meer gesetzt und veränderten damit den natürlichen Strömungsverlauf. Zogen früher die Haie weit draußen auf dem Meer vorbei, führt sie die Strömung und locken sie die Abwässer heute direkt an die Strände von Recife.

Ein von der Universität von Pernambuco initiiertes „Komitee zur Überwachung von Haiangriffen“ (Cômite Estadual de Monitoramento de Incidentes com Tubarões – CEMIT) fängt die Raubfische, die der brasilianischen Küste zu nahe kommen, ein und setzt sie weit draußen im Ozean wieder aus. Die mit Sensoren ausgestatteten Tiere würden sich andere Waidgründe suchen, erklärte Universitätsprofessor für Ozeanographie Fabio Hazin auf einem internationalen Workshop im März. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hai hierher zurück kommt, ist sehr gering“, sagte Hazin vor Haiexperten aus Australien, den USA und Südafrika, „damit reduzieren wir die Gefahr!“

Das Einfangen und Aussetzen von Haien weit draußen im Ozean scheint ein erster und guter Schritt Brasiliens zum Schutz von Mensch und Tier zu sein. Andere Länder, wie Australien und Südafrika, reagieren mit Fangnetzen oder Abschussfreigabe auf Haiattacken. Australiens Regierung sah sich erst im Februar dieses Jahres mit einer Welle von Pro-Hai-Demonstrationen konfrontiert, als sie nach mehreren Haiangriffen auf Menschen, Haie über drei Meter Länge zum Abschuss freigab.

In der Auseinandersetzung um den Schutz vor Haiattacken geht oftmals die Tatsache unter, dass der viel gefürchtete Jäger der Ozeane selbst dringend Hilfe braucht. Laut Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO werden jedes Jahr etwa 100 bis 150 Millionen Haie gefangen, zum Teil auf absolut grausame Weise.

Die FAO hat zwar einen „Internationalen Aktionsplan zum Schutz von Haien“ verabschiedet, der eine nachhaltige Fischerei proklamiert, aber von den Meeresanrainerstaaten nur zögerlich umgesetzt wird. Experten gehen davon aus, dass viele Haiarten in den nächsten Jahren aussterben werden, wenn die Überfischung nicht sofort gebremst wird, und damit für immer aus den Weltmeeren verschwinden.

Projekt der Universität von Pernambuco
>> FAO Plan

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