Inszenierte Tierrettungen auf Social Media: Neuer Bericht entlarvt Betrug auf Kosten der Tiere
Beitragsbild: Fake Rescues mit Makaken sind auch in den Netzwerken der Affenhasser*innen beliebt (wir dokumentierten dies bereits im Bericht 2023: welttierschutz.org/smacc-report-2023/).
Es ist eine besonders perfide Form von Tierleid auf Social Media: Tiere in Gefahrensituationen zu bringen, um sie dann heldenhaft zu retten. Viele Tierfreundinnen und Tierfreunde werden damit in die Irre geführt, Erstellende profitieren auch durch Werbeeinnahmen monetär – und immerzu neue Tiere werden in qualvolle, gar lebensgefährliche Situationen gebracht. Der neue Bericht, den wir im Bündnis mit der Social Media Animal Cruelty Coalition (kurz: SMACC) jetzt veröffentlicht haben, zeigt das ganze Grauen: Neun unterschiedliche Themen inszenierter Rettungen wurden dokumentiert – von Tieren, die ausgehungert, misshandelt und lebensgefährlich verletzt werden, um Klicks und Reichweite zu generieren. Der Bericht schockiert, bietet aber gleichzeitig wertvolle Hilfestellung durch drei praktische Schritte, die Nutzerinnen und Nutzer durchführen können, um inszenierte von echten Tierrettungen zu unterscheiden.
Ein Report von SMACC
Im Bündnis „SMACC“ (deutsch für „Bündnis Tierleid in sozialen Netzwerken“) arbeiten wir mit weiteren internationalen Organisationen gemeinsam für ein Ende der bis dato uneingeschränkten Darstellung von Tierleid-Inhalten in sozialen Netzwerken. Wir bereiten Berichte und Dokumentationen über die Problematik von Tierleid-Inhalten unterschiedlicher Kategorien vor und machen diese der Öffentlichkeit in den jeweiligen Ländern zugänglich. Außerdem stehen wir gemeinsam im regelmäßigen Austausch mit Vertreter*innen der sozialen Netzwerke, um die Löschung der Inhalte sowie konkrete Veränderungen in den Gemeinschaftsstandards zu erwirken.
Es ist die erste umfassende Analyse dieses wachsenden Trends: Ein engagiertes Team hat über drei Monate insgesamt 605 Videos von inszenierten Tierrettungen auf Facebook, YouTube, Instagram, TikTok und Twitter/X gesammelt, diese dokumentiert und analysiert. Die Ergebnisse im Kurzüberblick:
Es gibt unterschiedliche Formen von inszenierten Rettungen, die sich thematisch in drei großen Themenblöcken bündeln lassen:
Tiere, die in akuten Gefahrensituationen sind (66,9%), darunter etwa ein Drittel verlassen gefundene Tiere (1), oft auf der Straße, auf Müllkippen oder in ungeeignetem Lebensraum sowie zu einem weiteren Drittel Tiere, die gefangen/feststeckend waren (2), etwa in Plastiktüten oder mit den Gliedmaßen verschnürt. Weitere werden vor dem Ertrinken (3) oder begraben (4) gerettet.
Unrealistische Szenarien (16,1%) zeigen Tiere, die vor einem Angriff durch andere Tiere gerettet wurden (5) – häufig in sehr unrealistischen Szenarien oder weil ein Aufeinandertreffen von Tieren gezeigt wird, die sich in freier Wildbahn niemals begegnen würden. Weiter zählen zu diesem Themenkomplex Videos, die Szenen zeigen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so in der Realität abspielen würden (6).
Tiermedizinische Behandlungen oder Umstände, in denen diese notwendig wäre, stellen mit 14,8% der geprüften inszenierten Rettungen den dritten großen Themenkomplex inszenierter Rettungen dar. Hier werden Tiere entweder in unprofessioneller Weise “behandelt” (7), “wiederbelebt” (8) oder sind vermeintlich schwer erkrankt, etwa bewusstlos oder von unnatürlich vielen Parasiten befallen (9).
Die Fake-Rescue-Themen und Tipps, diese zu erkennen
Hinweis: Im Folgenden zeigen wir einige der grauenhaften Aufnahmen zur Dokumentation der Problematik und als Hilfestellung zur Erkennung. Sie müssen proaktiv auf den Reiter klicken, um die Inhalte auszuklappen.
Tiere in akuten Gefahrensituationen
Fast 68 % der analysierten Fake-Rescue-Inhalte zeigten zunächst umfassend die Gefahrensituationen, bevor die Rettung eingeleitet wurde. In diesen Inhalten wurden Tiere manchmal mehrere minutenlang in Gefahr gelassen, während die Erstellenden sie filmen. Dies entspricht nicht der Definition von Rettung, wenn das Tier weiterhin leidet. Das Festhalten der Situation auf der Kamera wird über die tatsächliche Rettung des Tieres gestellt, was im Tierschutz niemals der Fall sein sollte.
Profile, die Fake Rescue-Inhalte teilen, präsentieren oft eine Reihe ähnlicher Videos diese Art. Daher ist es entscheidend, die Vielfalt der vom Konto geteilten Inhalte zu überprüfen. Wenn überwiegend Videos gezeigt werden, die Tiere in verdächtigen Situationen darstellen, und es sehr wenig Informationen oder Nachverfolgung bezüglich der Tiere, der Rettenden bzw. der Organisation oder allgemeiner Tierschutzthemen gibt, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass der Inhalt gefälscht ist.
Unrealistische Szenarien
Viele Fake-Rescue-Inhalte zeigen vermeintlich zufällige Begegnungen, heißt: Die rettende Person war angeblich ganz zufällig an Ort und Stelle, wo sich das Tier befand, und filmte sich bereits auf dem Weg. Dies ist äußerst unwahrscheinlich und Nutzer*innen sollten immer kritisch hinterfragen, ob dieses Szenario sich wirklich real so abgespielt haben kann. Zudem wäre bei diesen Szenarien zu erwarten, dass das Filmmaterial aus der Perspektive der Erstellenden stammt, der die Kamera / das Smartphone hält – viele Fake Rescues sind aber aus unterschiedlichen Kameraperspektiven und –winkeln gefilmt.
In Profilen, die viele Fake-Rescue-Inhalte teilen, ist die Person, die die Rettung durchführt, oft dieselbe Person. Das kann auch bei echten Rettungen der Fall sein, wenn jemand beruflich damit beschäftigt ist, Tiere zu retten. Wenn jedoch der Kanal keiner Tierschutzorganisation zugehörig ist oder die Erzählung des Inhalts besagt, dass die Person zufällig auf ein Tier in Not gestoßen ist, wirft es Verdacht auf, wenn immer dieselbe Person zu sehen ist. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass dieselbe Person mehrfach in solchen Situationen ist.
Tiermedizinische Behandlungen
In 49,3% von Fake-Rescue-Inhalten trugen die gezeigten Personen keine angemessene oder professionelle Rettungsausrüstung. Die Retter*innen erscheinen in alltäglicher Kleidung, anstatt in Identifikationskleidung einer Organisation, oder ihr Gesicht wird möglicherweise überhaupt nicht gezeigt. Die medizinischen Einrichtungen oder der Bereich, in dem das Tier angeblich behandelt wird, wirken nicht offiziell oder zweckmäßig. Die Bereiche könnten unrein erscheinen oder es fehlen medizinische Ausrüstung oder Werkzeuge, und das Gesicht des Tierarztes/der Tierärztin wird nicht gezeigt.
Weitere Ergebnisse des neuen Berichts
Die am meisten betroffenen Tiere sind mit 92% Säugetiere, darunter vor allem Katzen (42%) und Primaten wie vor allem junge Makaken (29%) sowie Hunde (20%).
SMACC Spotlight Report:
Betrug auf Kosten der Tiere – Inszenierte Tierrettungen (Fake Rescues) auf Social Media
Eine zensierte Version (englischsprachig) finden Sie hier sowie auf www.smaccoalition.com/fake-rescue-report
- Der Großteil der Fake-Rescue-Inhalte wurde auf Facebook gefunden (48%), gefolgt von TikTok (24%), YouTube (23%), Instagram (4%) und Twitter/X (0,6%).
- Zum Zeitpunkt der Analyse wurden die 605 Videos insgesamt 576.967.630 Mal angesehen (über eine halbe Milliarde Mal).
- Von den 605 an die Moderationsteams der sozialen Netzwerke gemeldeten Inhalte wurden nur etwas mehr als 25 % innerhalb eines Monats entfernt, wenngleich einige Netzwerke Fake Rescues bereits in ihren Gemeinschaftsstandards verbieten. Das zeigt, dass die Moderationsteams sozialer Netzwerke unzureichend handeln.
Was können Sie tun?
- Wissen aufbauen, um inszenierte von echten Tierrettungen unterscheiden zu können. Sie finden Erläuterungen zum Vorgehen im Detail hier: https://welttierschutz.org/fake-rescues.
- Fake-Rescues konsequent an die Moderationsteams der sozialen Netzwerke melden! Bitte nicht ansehen, verbreiten oder darauf reagieren, da jede Interaktion die Reichweite steigert.
- Wissen teilen: Dieser Bericht liefert wichtige Informationen rund um inszenierte Tierrettungen, die der Öffentlichkeit, Social-Media-Plattformen und anderen helfen können, diese zu identifizieren und zu melden. Teilen Sie den Bericht in Ihren Netzwerken und sprechen Sie darüber, verlinken Sie uns @welttierschutz und verwenden Sie Hashtags wie #SpotTheScam, #ReportIt2EndIt, #ReportFakeRescue #RealityCheck #UnmaskingFakeRescue.
- Echten Tierschutz fördern: Tierschutzorganisationen wie auch die Welttierschutzgesellschaft stellen echte Tierrettungen dar, um Aufmerksamkeit für Missstände zu schaffen und Transparenz hinsichtlich der eigenen Arbeit zu leisten. Diese Inhalte dürfen nicht unter einen Generalverdacht gestellt werden, sondern sollten umso dringlicher gefördert werden. Informieren Sie sich auf den Kanälen und Seiten seriöser Organisationen und schauen, liken, teilen Sie insbesondere die Videos dort. Auch helfen Ihre Spenden, diese Kampagnenarbeit sowie Tierschutzprojekte weltweit zu ermöglichen, um für mehr Tierschutzbewusstsein und ein Ende grausamer Tierqual einzustehen: https://welttierschutz.org/secure/spende-gegen-fake-rescues/?tw_cid=10667810.
- Appellieren Sie an die sozialen Netzwerke für endlich entschiedenes Handeln: Unterzeichnen und teilen Sie unsere Petition, mit der wir die Betreiber der sozialen Netzwerke auffordern, ihre Gemeinschaftsstandards um das Thema Tierqual auszuweiten und dies konsequent umzusetzen: https://welttierschutz.org/petition oder einen Tick weiter unten auf dieser Seite.
Fragen und Antworten zum Bericht
Liebe Tierfreundinnen und Tierfreunde, dass Tierquäler*innen um Geld zu verdienen, das Wohlwollen tierliebender Menschen wie Ihnen ausnutzen und Tierschutzorganisationen wie uns schaden wollen, ist bösartig und falsch. Bitte halten Sie mit uns dagegen – wir zählen auf Ihre Unterstützung!
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Stärken Sie unsere Forderungen an die sozialen Netzwerke und die Bundesregierung: Für ein Stopp von Tierleid-Inhalten!
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Sie haben weitere Fragen? Nehmen Sie gern Kontakt auf:
Ihre Ansprechpartnerin ist Wiebke Plasse
Leiterin Kommunikation und Fundraising
Tel.: +49(0)30 – 9237226-0
E-Mail: wpl@welttierschutz.org
Welttierschutzgesellschaft e.V.
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