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Eselschutz in Ostafrika: Jeder Tag zählt

Die Situation der Esel in Kenia und Tansania hat sich in den vergangenen Wochen erneut drastisch verschlechtert: Während es in Kenia zu verhindern gilt, dass die Esel-Schlachthäuser ihren Betrieb wiederaufnehmen, spielen sich im gerade wiedereröffneten Schlachthaus in Tansania  furchtbare Szenen ab.

Hintergrund zum Thema

Die Bedeutung von Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) und somit auch die Nachfrage nach Produkten tierischen Ursprungs nehmen weltweit in rasantem Tempo zu. Insbesondere der Handel mit verarbeiteter Eselshaut floriert. Gleichzeitig sinkt die Eselpopulation weltweit, denn auch die Zucht kann den Bedarf nicht decken. So sind die Tiere zu einem raren Gut geworden – mit besorgniserregenden Folgen auch in Ostafrika.

  • Kenia hat sich in den letzten Jahren zum Zentrum der Eselhautexporte in Ostafrika entwickelt: 2019 wurden hier 380.000 Esel für den Handel nach China geschlachtet. Doch längst nicht alle Tiere stammen aus Kenia – auch aus Nachbarstaaten wie Äthiopien und Tansania werden Esel – zum Teil illegal – beschafft.
  • Auch in Tansania eröffneten 2014 in Dodoma und Shinyanga zwei Esel-Schlachthäuser, die bis heute agieren. Nur kurzzeitig wurden im Juni 2017 die Exporte von Eselprodukten aus Tansania verboten, im Januar 2018 dann aber wieder erlaubt. Seitdem beobachten wir eine sich häufende Zahl von Eseldiebstählen insbesondere in den abgelegenen Dörfern, wo die Menschen mit Eseln zur Selbstversorgung leben.

Alle Informationen und Geschehnisse können Sie hier nachlesen: https://welttierschutz.org/esel/

Kenia: Jetzt ist Eile geboten

Nachdem im Mai 2021 ein Gericht in Kenia die im Vorjahr erwirkte Schließung der Esel-Schlachthäuser im Land für unrechtmäßig erklärt hat, ist täglich mit der Wiedereröffnung dieser Betriebe zu rechnen. Noch wehrt sich die Veterinärbehörde dagegen und verzögert die Ausstellung der Lizenzen, die für den Betrieb notwendig sind. Weil aber die Rechtslage zum aktuellen Zeitpunkt leider auf Seiten der Schlachthausbetreiber ist, müssen wir hartnäckig versuchen der Wiedereröffnung der Schlachthäuser entgegenzuwirken: Dafür werden im Bündnis mit anderen Organisationen in 24 Bezirken des Landes Veranstaltungen mit der Bevölkerung organisiert, um Mitstreiter*innen zu gewinnen und gemeinsam eine klare Botschaft an die Regierung senden zu können. Denn wir sind überzeugt: Die Mehrheit der Menschen in Kenia stellt sich gegen den Weiterbetrieb der Esel-Schlachthäuser!

Gemeinsam mit unserem lokalen Partner, dem African Network for Animal Welfare (ANAW), engagieren wir uns dafür im nördlichen Bezirk Marsabit. In dieser Region sind wir zugleich mit unserem Projekt gegen den grenzüberschreitenden Eselhandel aktiv und daher bereits mit zahlreichen Mitarbeiter*innen vertreten, die die dringenden Maßnahmen aktuell organisieren (mehr zu den Fortschritten der Projektarbeit weiter unter in diesem Artikel). Aus den Gesprächen mit der lokalen Bevölkerung wissen wir, dass die Eselhalter*innen hier besonders unter dem Betrieb der Schlachthäuser litten, bis diese im vergangenen Jahr geschlossen wurden.

Eselhäute auf dem Gelände eines Schlachthauses © TAWESO

Letztlich werden in allen 24 Regionen des Landes zudem Unterschriften für eine Petition gesammelt, mit der die Regierung dazu verpflichtet werden soll, die Schließung der Schlachthäuser erneut in Angriff zu nehmen und das Schlachten von Eseln durch Streichung aus dem Meat-Act gänzlich zu beenden.

Der Meat-Act (zu Deutsch etwa: Fleisch-Gesetz) definiert Esel nämlich als Schlachtvieh. Das heißt: Auch wenn es die Esel-Schlachthäuser vor allem auf die Häute der Tiere abgesehen haben, fußen ihre Aktivitäten auf diesem Gesetz. Gelingt es durch den Druck aus der Bevölkerung, die Esel daraus zu streichen, könnte dem Wirken der Schlachthausbetreiber endgültig ein Verbot entgegenstehen. Die Arbeit im Bündnis mit anderen Organisationen dient auch dem gemeinsamen Ziel, die Esel aus der Liste der Tierarten zu streichen, die in Kenia geschlachtet werden dürfen.

Für die Zukunft der Esel in Kenia und darüber hinaus ist ein Erfolg dieser aktuellen Kampagne also von entscheidender Bedeutung. Aber auch unsere Projektarbeit erweist sich als essentiell:

Vorbereitet auf den Ernstfall: Arbeit in den Grenzregionen

Gemeinsam mit unserem Partner ANAW untersuchen wir den Eselhandel an den Grenzen Kenias mit Äthiopien und Tansania. Bislang ist nur wenig darüber bekannt, wie der oft illegale und für die Tiere qualvolle Handel über die kenianischen Grenzen zu Tansania und Äthiopien hinweg abläuft. Für ein möglichst umfassendes Bild setzen wir Einsatzteams in den Grenzregionen Marsabit (Kenia-Äthiopien) und Migori (Kenia-Tansania) ein, um belastbare Informationen über den Handel zu sammeln.

Wir führen Gespräche mit …

offiziellen Stellen: Anfang des Jahres konnten wir mit Behörden, Grenzbeamt*innen sowie Vertreter*innen der Veterinärbehörden in den Regionen Marsabit und Migori in Kontakt treten. Aus den Gesprächen ging hervor, dass die Beförderung der Esel entlang der Grenzen seit Eröffnung der Esel-Schlachthäuser in Kenia zu einem Problem wurde. In 2019 sollen wöchentlich ungefähr zehn bis fünfzehn LKWs mit je 40 Eseln Marsabit passiert haben. Darüber hinaus erfuhren wir, dass der Großteil der Tiere aus Äthiopien über inoffizielle Grenzrouten transportiert wurde und nur selten über den einzigen Grenzposten in Moyale-Stadt führte.

Eselhalter*innen und Gemeinden: Unser Partner führte Gruppendiskussionen mit Eselhalter*innen und Gemeindemitgliedern in den wichtigsten Grenzdörfern durch. Während der Gespräche brachten die Gemeindemitglieder zum Ausdruck, welch entscheidende Rolle der Esel für die Sicherung ihrer Lebensgrundlage spielt. Die Esel sind für den Transport von Wasser, landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Feuerholz und Handelswaren unerlässlich. Außerdem wird der Esel als ein Familienmitglied betrachtet, sodass diese nicht verzehrt werden und jede böswillige Tötung des Tieres als vergleichbar mit der Tötung eines Menschen angesehen wird. Für Frauen sind Esel von besonders großer Bedeutung im Alltag. Gemeindemitglieder äußerten die Sorge, dass ihre Esel ausgerottet werden, wenn das Schlachten wiederaufgenommen wird.

Die Gemeindemitglieder bestätigten zudem, dass der Diebstahl von Eseln in den Betriebsjahren der Esel-Schlachthäuser sowohl in Äthiopien als auch in Kenia hoch war. Die Meldung von gestohlenen Tieren war allerdings gering, da die lokalen Behörden sie nur unzureichend verfolgten. Die Gespräche ergaben außerdem, dass die Händler am Anfang alle kranken, alten und schwachen Esel in der Stadt Moyale aufkauften. Sobald diese weniger wurden, begannen sie, die gesunden Tiere innerhalb der Ortschaft und über die kenianischen Grenzen hinaus in Äthiopien ins Visier zu nehmen. Händler von außen rekrutierten Jugendliche, um diese als Vermittler bei der Beschaffung von Eseln zu gewinnen.

Aufbau von Netzwerken:

Im Februar 2021 wurden lokale Informationsnetzwerke in mehreren Dörfern etabliert. Jedes Netzwerk besteht aus sechs Mitgliedern und hat eine*n Leiter*in, die oder der das Sammeln von Informationen zu grenzüberschreitenden Transporten von Eseln beaufsichtigt und einen monatlichen Bericht aufbereitet.

Mit diesen vorangegangen Maßnahmen sind wir gut vorbereitet, uns den jetzt kommenden Aufgaben zu stellen: Im Fokus steht nun zunächst die Organisation der Bürgerdialoge sowie das Sammeln der Unterschriften. Für den schlimmsten Fall, dass die Schlachthäuser dennoch wieder öffnen, können wir auf unsere neu geschaffenen Netzwerke zurückgreifen, um den Handel mit Eseln in der wichtigen Grenzregion so weit wie möglich einzudämmen.

 

Tansania: Eselschlachtungen wieder grausamer Alltag

Nach dem großen Erfolg unserer Soforthilfe, mit der wir bis Anfang des Jahres hunderten vor dem Schlachthaus in Shinyanga gestrandeten Eseln das Leben retten konnten, folgte im Mai erneut ein Rückschlag für den Eselschutz im Land: Das zeitweilig durch die Behörden geschlossene Schlachthaus in Shinyanga durfte wieder öffnen. Im Rahmen unseres gemeinsamen Projekts mit dem lokalen Partner Tanzania Animal Welfare Society (TAWESO), das u.a. einen verbesserten Tierschutz in sämtlichen Schlachthäusern im Land zum Ziel hat, konnten wir auch dieses Esel-Schlachthaus besuchen. Dabei mussten wir zu unserer Bestürzung feststellen, dass ein neuer Betreiber das Schlachthaus leitet und der Umgang mit den vielen neu angelieferten Tieren grausamer denn je ist.

Ein verletzter, mutmaßlich misshandelter Esel auf dem Schlachthaus-Gelände in Shiynanga © TAWESO

Selbst die Mitarbeiter*innen unserer Partner, die durch ihre Besuche auf Tiermärkten und in den Schlachthäusern des Landes viel Tierleid gewohnt sind, waren immens bestürzt ob der Situation vor Ort: Etwa 300 Esel befanden sich im Inneren des Schlachthauses ohne Zugang zu Wasser und Futter. Mitarbeiter*innen des Schlachthauses berichteten, dass die Tiere unter diesen Bedingungen bis zu sieben Tage auf ihre Schlachtung warten müssen. Viele der Tiere wiesen außerdem blutende Wunden auf, was auf schwere Misshandlungen der Esel hindeutet. Neben dem Bolzenschussgerät, gedacht zur Betäubung der Esel vor der Schlachtung gemäß tansanischem Tierschutzgesetz, lag zudem ein Hammer, der mutmaßlich stattdessen zum Einsatz kommt. Im Außenbereich des Schlachthauses, wo sich über 400 Esel befanden, beobachtete das Team zusätzlich völlig erschöpfte Tiere, die aus weiter Entfernung – zum Teil bis aus Kenia – ohne entsprechende Versorgung transportiert worden waren. Die Visite im Schlachthaus lässt außerdem vermuten, dass die Zahl der dort behördlich genehmigten Schlachtungen von 20 am Tag offensichtlich weit überschritten wird.

Das Ausmaß des Tierleids in dem Schlachthaus von Shinyanga ist nicht hinnehmbar. Die Behörden sind hier dringend zum Handeln aufgerufen, um die widrigen Bedingungen und offensichtlich illegalen Aktivitäten zu unterbinden. Unsere lokalen Partner bleiben vor Ort im Rahmen des laufenden Projektes im Einsatz.

Die aktuellen Entwicklungen in Ostafrika zeigen: Die Esel in Kenia und Tansania sind derzeit dringender denn je auf die Unterstützung von Tierfreundinnen und Tierfreunden wie Ihnen angewiesen. Bitte ermöglichen Sie unsere Maßnahmen zum Schutz der Esel – mit Ihrer Spende.

Helfen Sie den Eseln!

Mit 40 Euro ermöglichen Sie einem Team-Mitglied in Kenia, fünf Tage lang in der lokalen Bevölkerung dringend notwendige Informationen zum Eselhauthandel zu verbreiten.

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